BIELEFELD/WESTFALEN – Westfälische Kirchengemeinden haben bisher nur in Ausnahmefällen eigene Gebäude für die Aufnahme von Flüchtlingen zur Verfügung gestellt. Die Aufrufe dazu seien in den Gemeinden zwar wahrgenommen worden, sagte der Flüchtlingsbeauftragte der Evangelischen Kirche von Westfalen, Pfarrer Helge Hohmann, es seien aber nur wenige Angebote erfolgt. In der Lippischen Landeskirche ist nach Auskunft einer Sprecherin kein Fall bekannt, in dem Gemeinderäume für die Flüchtlingsunterbringung genutzt werden.
„Die Gemeinden sind ja dazu angehalten, eine Gebäudeplanung zu erstellen und leerstehende Gebäude möglichst rasch wieder zu vermarkten“, erklärte Hohmann. Zudem seien die Bezirksregierungen vor allem an großen Gebäuden mit 500 bis 1000 Plätzen interessiert. „Sowas haben wir gar nicht“, so Hohmann, „da müsste ein ganzes Krankenhaus oder etwas Ähnliches frei werden“.
In Einzelfällen werden aber doch Gemeindehäuser von Flüchtlingen bewohnt; so hat zum Beispiel die Gemeinde Bausenhagen-Fröndenberg ihr zum 1. Januar aufgegebenes Gemeindehaus „Haus der Mitte“ in Stentrop der Kommune Fröndenberg vermietet. Sechs Wohneinheiten sind dort entstanden; fünf davon sind nach Angaben der Presbyteriumsvorsitzenden Annelie Richwin-Krause derzeit von Flüchtlingsfamilien bewohnt. Ein Teil des Gebäudes wird nach wie vor von der Evangelischen Jugendhilfe Menden genutzt.
Die Emmaus-Kirchengemeinde in Bielefeld-Senne bot der Stadt zwei Häuser mit kleinen Appartements an, in denen früher Mitarbeiter untergebracht waren. „Wir suchten sowieso nach einer neuen Nutzung“, erklärt Pfarrerin Dorothee Seredszus. Die Kommune griff sofort zu und mietete die Häuser an.
Inzwischen wohnen 25 Frauen und vier kleine Kinder in den Wohnungen. Die Emmaus-Gemeinde hat einen ehrenamtlichen Unterstützerkreis organiert, der sich zum Beispiel um die Ausstattung der Wohnungen gekümmert hat; außerdem werden regelmäßig Sprachkurse und Kontaktstunden angeboten. „Es war uns von Anfang an klar, dass wir als Gemeinde auch Verantwortung für die Flüchtlingen übernehmen werden“, erklärt Seredszus. Außerdem habe man sich bemüht, die Nachbarschaft ausführlich zu informieren. Bisher habe sie von Problemen nichts gehört, so die Pfarrerin.
Ein Sonderfall ist die Kirchengemeinde Rehme bei Bad Oeynhausen: Hier erklärte sich das Presbyterium Anfang August kurzfristig dazu bereit, das Gemeindehaus „Martin-Luther-Hof“ als Verpflegungszentrum für 150 Flüchtlinge zur Verfügung zu stellen, die in einer behelfsmäßigen Notaufnahme im nahen Bürgerhaus untergebracht wurden. „Wir hatten hier sowieso schon einmal in der Woche einen Mittagstisch für Bedürftige“, so Gemeindepfarrer Ernst Pallmann. „Das haben wir jetzt auf dreimal täglich ausgeweitet – ein ziemlicher Kraftakt.“ Tische und Stühle sind aus Gemeindebeständen, ebenso das Geschirr. Das Essen, das hier ausgegeben wird, stammt aus der Großküche der Diakonischen Stiftung Wittekindshof. Auf dem Gelände rund um das Gemeindehaus gibt es Spielangebote für Kinder.
Ursprünglich habe es geheißen, die Flüchtlinge blieben nur 72 Stunden, erzählt Pallmann. Das war vor mehr als zwei Wochen. Er geht inzwischen von bis zu sechs Monaten aus. Die Gemeindearbeit werde in dieser Zeit verstärkt im zweiten Gemeindehaus stattfinden, so der Pfarrer. Siehe auch Kommentar auf Seite 5.