Auf Partys, im Auto, beim Sport: Fröhliche Musik ist allgegenwärtig. Doch auch traurige Lieder und nachdenkliche Songtexte berühren viele Menschen. Dafür gibt es laut Fachleuten verschiedene Gründe.
Auch Songs über Tod oder Krankheit können Menschen trösten: Das zeigen laut dem Publizisten Max Dax beispielsweise Musikstücke von Leonard Cohen, Joni Mitchell oder Joy Division. “Die Musik bekommt vielleicht etwas Schweres, aber auch etwas, wovon andere Menschen zehren können”, sagte Dax am Donnerstagabend bei einer Veranstaltung des Kuratoriums Immaterielles Kulturerbe Friedhof.
Der 2016 verstorbene Cohen habe zeitlebens existenzialistische Songtexte geschrieben, fügte der Experte hinzu. Angesichts seiner Leukämieerkrankung habe er ein letztes Album geschaffen, das wie ein Testament oder ein “eigenes Requiem” wirke. Dieser Aufgabe stellten sich offenbar viele Künstler: Dax nannte David Bowie als weiteres Beispiel, dessen letztes Album kurz vor seinem Tod 2016 erschien.
Heute seien viele Künstler weiterhin erfolgreich, die bereits seit den 1960er oder 1970er Jahren im Geschäft seien, erklärte Dax. Die Erfahrung des Älterwerdens verändere die Musik: So gehe es etwa Bob Dylan mit 83 Jahren offenbar gesundheitlich gut, man merke jedoch jedem seiner Lieder an, “dass es jetzt um alles geht, dass nichts mehr verschoben werden kann”. Lernen lasse sich von Musikerinnen und Musikern mit solch langer Karriere auch insofern, als sie sich mit ihrem früheren Schaffen mitunter kritisch auseinandersetzten.
Mit dem Versprechen der ewigen Jugend, für das die Popkultur immer gestanden habe, habe erstmals Johnny Cash im Jahr 2002 gebrochen, wenige Monate vor seinem Tod: Im Musikvideo zu seinem Song “Hurt” habe er sich von Krankheit gezeichnet gezeigt. “Dieser Mut hat das Genre des Musikvideos verändert”, so Dax.
Viele Menschen fänden bereits als Teenager eine Art von Heimat in der Musik, ergänzte der Leiter der Zürcher Friedhofs-Forums, Reto Bühler. Der Tod der betreffenden Musiker erinnere an die eigene Sterblichkeit. Dax sagte, Musik, die einen berühre, oder Stimmen, die zu einem sprächen, hätten nichts mit Wissen oder Qualität zu tun. “Wenn diese Person stirbt, verstummt die Stimme, die mit mir im Einklang war und mich begleitet hat. Das trifft uns im Kern.”