Frauen konsumieren Kriminalitätsberichte zur Gefahrenabwehr – das sagt die Psychologin Corinna Perchtold-Stefan von der Universität Graz in Österreich. “Man geht davon aus, dass zwei Drittel bis 90 Prozent der True-Crime-Fans weiblich sind”, sagte Perchtold-Stefan der Süddeutschen Zeitung. “Frauen können sich besser in andere hineinversetzen und sind deshalb interessierter an den Geschichten anderer Menschen. Aber es geht auch um sogenannte Defensive Vigilanz, also darum, dass Frauen lernen wollen, wie sie sich besser auf Gefahren und Gewalt vorbereiten können.”
Die Wissenschaftlerin ergänzte: “True Crime ist quasi ein Schutzmechanismus.” Und weiter: “Das passt zu der Tatsache, dass Frauen allgemein mehr Angst vor Verbrechen haben als Männer. Das heißt nicht, dass Frauen durch True Crime auch tatsächlich besser vorbereitet sind auf Kriminalität, es geht eher um das Gefühl der subjektiven Kontrolle und Resilienz.” Weibliche Fans des Genres konsumierten etwa sieben Stunden pro Woche solche Inhalte, männliche drei bis vier.
Verleitet True-Crime-Konsum zu Straftaten?
Auf die Frage, ob True-Crime-Formate zu Straftaten inspirierten, antwortete die Forscherin, es gebe tatsächlich solche Fälle. “Das sind aber sehr seltene Extrembeispiele, bei denen es oft eine pathologische Vorgeschichte gibt. Dann kann Medienkonsum ein zusätzlicher Verstärker von Aggression sein. Aber wir konnten in unseren Studien nicht feststellen, dass True-Crime-Konsum generell mit einer höheren Bereitschaft einhergeht, aggressiv anderen gegenüber zu sein.”
Eher sei das Gegenteil der Fall gewesen: Die, die viel konsumiert hätten, seien in einem Verhaltenstest weniger bereit gewesen, anderen Schaden zuzufügen. “True Crime könnte also auch von Verbrechen abschrecken. In den USA hat eine Umfrage mal ergeben, dass True-Crime-Fans weniger davon ausgehen, mit einem Verbrechen davonzukommen, als Nicht-Fans.”
