Die Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa (GEKE) hat an die friedensfördernde Kraft der Kirchen erinnert. „Wir haben bereits die bemerkenswerte Erfahrung gemacht, dass Kirchenvertreter aus Russland und Kirchenvertreter aus der Ukraine an einem Tisch sitzen“, sagte GEKE-Präsident John Bradbury am Mittwoch Im rumänischen Sibiu (Hermannstadt) während der 9. Vollversammlung des protestantischen Dachverbandes: „In diesem Sinne bietet die Gemeinschaft einen Raum für friedensstiftende und friedensschaffende Maßnahmen.“
Als kirchliche Organisation werde man sich „natürlich nicht mit Herrn Putin und Herrn Selenskyj an einen Tisch setzen. Das ist nicht die Art von Organisation, die wir sind“, fügte Bradbury hinzu, der Generalsekretär der „United Reformed Church“ mit Sitz in London ist. Aber die Kirchen könnten einen Raum schaffen, in dem Menschen, die sich auf verschiedenen Seiten von ernsten Konflikten befinden, gemeinsam arbeiten.
GEKE-Generalsekretär Mario Fischer sagte in Sibiu vor Journalisten, das gelte auch für Konflikte in Nordirland und im ehemaligen Jugoslawien. Der Schwerpunkt auf der Vollversammlung werde nicht nur auf dem aktuellen Konflikt in der Ukraine liegen. Es soll darum gehen, „welche Rolle die Kirchen in Konflikten spielen können, wie sie sich bereits auf die Zeit nach dem Konflikt vorbereiten können“.
Kirchen seien Institutionen, „die langfristig denken“, erklärte Fischer: „Sie wissen, dass Versöhnung keine Angelegenheit ist, die im nächsten Jahr oder nach dem Ende des Krieges stattfindet. Aber Versöhnung braucht Generationen, und wir müssen Räume schaffen, sichere Räume, in denen die Menschen anfangen können, sich zu versöhnen.“
In Sibiu war am Dienstag die 9. Vollversammlung der Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa eröffnet worden. Vertreter von nahezu 100 Kirchen wollen sich bis 2. September mit globalen Herausforderungen wie Migration, Minderheitenfragen, dem Ukraine-Konflikt, der Lage im Nahen Osten sowie dem interreligiösen Dialog befassen. Das Motto der Tagung lautet „Im Licht Christi – zur Hoffnung berufen“.
Der Kirchengemeinschaft gehören 96 lutherische, methodistische, reformierte und unierte Kirchen aus mehr als 30 Ländern in Europa und Lateinamerika an. Damit vertritt die Kirchengemeinschaft nach eigenen Angaben rund 40 Millionen Protestanten.
Die GEKE wurde 1973 gegründet, damals noch unter dem Namen „Leuenberger Kirchengemeinschaft“. Mit der Verabschiedung der Erklärung auf dem Leuenberg bei Basel wurde eine seit der Reformation im 16. Jahrhundert bestehende, mehr als 450 Jahre währende Trennung innerhalb der evangelischen Kirchen beendet. Die Mitgliedskirchen gewähren sich aufgrund dieses historischen Dokuments Kanzel- und Abendmahlsgemeinschaft.