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Plädoyer für ein neues „Mitgliedermanagement“

ESSEN – Um den Mitgliederschwund zu stoppen, müssen sich die Kirchen nach einer Studie des Bistums Essen stärker den wenig engagierten Kirchenmitgliedern zuwenden. Thomas Rünker ist Mitherausgeber der Studie. Jasmin Maxwell hat ihm drei Fragen gestellt.
 
Sie wollen besser verstehen, warum Menschen die katholische Kirche verlassen. Welche Antworten hat die Studie geliefert?
Die wesentlichen Gründe für Austritte sind laut der Studie eine Entfremdung von der Kirche oder eine fehlende Bindung. Wenn man Menschen fragt, die aus der Kirche ausgetreten sind, wird häufig die Kirchensteuer als Grund genannt. Unsere Studie zeigt aber, dass die Kirchensteuer zwar ein Auslöser sein kann, aber meist nicht die eigentliche Ursache ist. Viel stärker wirkt sich aus, wenn jemand ein negatives Erlebnis zum Beispiel bei einem Beerdigungsgottesdienst oder bei einer Taufe hat. Die Kirchensteuer oder ein kirchlicher Skandal können dann den letzten Anstoß zum Austritt geben.

Die Studie wirbt dafür, sich stärker den Menschen zuzuwenden, die noch Mitglieder der Kirche sind, ihr aber distanziert gegenüberstehen. Wie kann das gelingen?
Im Bistum Essen besuchen weniger als zehn Prozent der Katholikinnen und Katholiken  sonntags einen Gottesdienst. Der Fokus der Gemeindearbeit liegt aber oft genau auf diesen zehn Prozent. Die anderen 90 Prozent, die mit ihren Kirchensteuern einen Großteil der kirchlichen Arbeit finanzieren, werden dagegen nur selten kontaktiert. Die aktuelle Studie empfiehlt ein Mitgliedermanagement, das alle Kirchenmitglieder in den Blick nimmt.

Wie kann das funktionieren?
Im Bistum Essen haben wir mit dem Magazin „Bene“ bereits ein Mitgliedermagazin, das kostenlos an alle katholischen Haushalte verschickt wird. Denkbar wäre auch eine zentrale Anlaufstelle für Anregungen oder Beschwerden. Außerdem ist es wichtig, welche Erfahrungen eher distanzierte Mitglieder machen, wenn sie etwa kirchlich heiraten oder ihr Kind taufen lassen: Treffen sie auf freundliche Ansprechpartner, nimmt man sich Zeit für sie, geht man auf ihre individuellen Bedürfnisse ein?