Die Autorenvereinigung PEN Berlin kritisiert den Vorgang um den israelisch-deutschen Philosophen Omri Boehm beim Buchenwald-Gedenken als „aberwitzig“. Der New Yorker Philosophieprofessor und Träger des Leipziger Buchpreises zur Europäischen Verständigung 2024 sollte am Sonntag bei der Gedenkfeier zum 80. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Buchenwald eine Rede halten. Auf Druck der israelischen Regierung wurde die Rede von der Gedenkstättenstiftung abgesagt. Boehm gilt als Kritiker der Regierung von Premier Benjamin Netanjahu.
Aus Sicht von PEN Berlin wäre Boehm „ein höchst geeigneter Redner für die Gedenkveranstaltung gewesen“, erklärte die Autorenvereinigung am Samstag in Berlin. Es sei dem israelischen Botschafter Ron Prosor unbenommen, dies anders zu sehen. Aber: „Muss man an dieser Stelle wirklich darauf hinweisen, dass Omri Boehm selbst Enkel einer Holocaust-Überlebenden ist?“
PEN-Sprecherin Thea Dorn erinnerte an den Leitspruch der Gedenkstätte Buchenwald „Geschichte begreifen – für die Zukunft lernen“. „Ich bezweifle, dass man etwas für die Zukunft gelernt hat, wenn man, wie jetzt geschehen, seine eigenen Überzeugungen verrät und dem Druck nachgibt, den der Vertreter einer Regierung ausübt, die autokratische Züge trägt“, sagte Dorn.
Gedenkstätten-Leiter Jens-Christian Wagner hatte im RBB-radio3 gesagt, die Gedenkstätte habe dem Druck nachgegeben, um zu verhindern, dass Überlebende in den Streit hineingezogen werden: „Einem Enkel einer Holocaust-Überlebenden das Wort zu versagen, das ist wirklich das Schlimmste, was ich in 25 Jahren Gedenkstättenarbeit erlebt habe.“