CDU, Grüne, SPD und FDP im nordrhein-westfälischen Landtag haben der AfD am Donnerstag Scheinheiligkeit beim Thema Antisemitismus vorgeworfen. Die AfD hatte eine Aktuelle Stunde zu dem Thema beantragt und darin das „jahrzehntelange Wachstum des fundamentalistischen Islam hier in Deutschland“ als Hauptgrund ausgemacht. Grund für den Antrag war die Zunahme antisemitischer Straftaten in Deutschland seit dem Angriff der Terrororganisation Hamas auf Israel am 7. Oktober.
„Es geht mir wirklich auf den Senkel, wie verlogen hier agiert wird. Das ist ja kaum zu ertragen“, sagte Innenminister Herbert Reul (CDU). Wer in den eigenen Reihen Leute habe, die Antisemitismus propagierten, solle „lieber ruhig sein“. Die AfD dürfe mit ihren „antisemitischen Äußerungen keine Chance in der Gesellschaft“ haben: „Was in ihrer Partei gesagt wird, spottet jeder Beschreibung“, sagte Reul. Jüdische Einrichtungen müssten jetzt wieder geschützt werden, weil es „ein paar Bekloppte gibt“ und „offensichtlich eine Partei, die dafür den Nährboden bietet“.
Der CDU-Fraktionsvize Gregor Golland sagte zur AfD: „Sie spielen den vermeintlichen Feuerlöscher, doch ihr Feuerlöscher ist nicht mit Wasser gefüllt, sondern mit Benzin.“ Antisemitismus sei „ein tödliches Gift, für das es immer noch kein Gegenmittel gibt“. Ihm falle keine Antwort ein, warum Antisemitismus immer wieder hochkomme: „Ist es Neid oder Missgunst als Ausdruck der eigenen Minderwertigkeitskomplexe?“ Hass aber sei keine Meinung und müsse von allen Demokraten entschlossen bekämpft werden.
Die SPD-Fraktionsvize Elisabeth Müller-Witt warnte, es sei „zu einfach“, beim Thema Antisemitismus den Fokus nur auf Muslime und Islamisten zu richten. Antisemitismus sei ein gesamtgesellschaftliches Phänomen: „Offensichtlich bedarf es nur eines Anlasses und schon lebt der immer schon vorhandene Antisemitismus wieder auf.“ Vorbeugen könne nur eine starke politische Bildung, die früh beginnen sollte. Schon Kinder müssten einen respektvollen Umgang miteinander lernen.
Die Grünen-Fraktionschefin Wibke Brems erinnerte daran, dass der Antisemitismus „Kern des Nationalsozialismus“ gewesen sei. Heute hätten die meisten antisemitischen Straftaten einen rechtsextremen Hintergrund. Antisemitismus lasse sich nicht mit Islamfeindlichkeit und Rassismus bekämpfen. Alle Menschen in NRW müssten sich sicher fühlen können: „Das Wesen einer Demokratie misst sich an der Sicherheit von gesellschaftlichen Minderheiten.“