Der berühmteste Balkon der Welt steht im Vatikan – doch Papst Leo XIV. zeigte sich nicht nur auf der Loggia am Petersdom. Zwei weitere Balkone in Rom hat er bereits besucht. Ob der vierte Papstbalkon folgt, ist ungewiss.
Einmal den Papst sehen – viele Touristen und Pilger in Rom haben das auf ihrer Liste. Wer derzeit in der Ewigen Stadt ist, hatte dazu gleich mehrere Gelegenheiten. Denn im Rahmen seiner mehrteiligen Amtseinführung zeigte sich Papst Leo XIV. häufiger als gewöhnlich den jubelnden Massen. Auffallend oft präsentierte er sich dabei auf Balkonen. Was hat es damit auf sich?
Der wohl berühmteste Papst-Balkon ist die “Segnungs-Loggia” des Petersdoms. Hier, über dem Hauptportal der Kirche, spricht der Papst nach seiner Wahl den Segen “Urbi et orbi”. Auch an Ostern und Weihnachten tritt er an dieser Stelle traditionell vor Pilger und Kameras und segnet die Stadt Rom und den Erdkreis.
1608 begann der Architekt Carlo Maderno mit dem Bau von Fassade und Loggia an der Peterskirche. Eine überdimensionale Inschrift verrät, dass das Werk vier Jahre später im Pontifikat Papst Pauls V. (1605-1621) fertiggestellt wurde. Schon vor dem Bau des heutigen Petersdoms gab an der alten St. Peter-Basilika eine Benediktionsloggia, die allerdings erst um 1460 unter Papst Pius II. begonnen wurde. Der Name der Loggia stammt vom lateinischen “benedicere” – segnen.
Seit dem Mittelalter war es üblich, den Segen öffentlich vom Balkon zu spenden. Von erhöhter Position konnte der Papst von vielen Menschen gesehen werden – ganz ohne aufwendige Übertragungstechnik. Mit dem Ende des Kirchenstaates gaben die Päpste die öffentliche Balkon-Szene auf und spendeten zwischen 1870 und 1922 den Festtagssegen aus Protest gegen ihren Machtverlust in den Petersdom hinein. Wer heute in der Basilika mit dem Rücken zum Hauptaltar steht, sieht noch die Fenster, an denen Pius IX., Leo XIII., Pius X. und Benedikt XV. den Protest-Segen sprachen.
Erst mit der Anerkennung des kleinen Vatikanstaats durch Mussolini wurde die Tradition des öffentlichen Segens in Richtung Stadt wieder aufgenommen. In jüngster Zeit beeinflussten auch praktische Gründe das Segens-Ritual: Der gesundheitlich gezeichnete Papst Johannes Paul II. segnete am Ende seines Pontifikats vom Altar auf dem Petersplatz aus. Papst Franziskus ließ sich am Ostersonntag 2025 hingegen mit dem Rollstuhl zu seinem letzten Auftritt auf die Benediktionsloggia schieben, und Leo XIV. wählte wenige Tage nach dem Konklave den berühmtesten Balkon der Welt für sein erstes Mittagsgebet.
Am vergangenen Sonntag zeigte sich Leo dann auf gleich zwei weiteren römischen Balkonen. Während er an der Marienkirche Santa Maria Maggiore von der Benediktionsloggia aus dem 18. Jahrhundert die Pilger und Touristen grüßte, wählte er an seiner Bischofskirche, dem Lateran, den Balkon der östlichen Hauptfassade. Von dort sprach Leo zu den Versammelten auf der frisch renovierten Piazza. Die Fassade der Lateranbasilika wurde 1732 bis 1735 von Alessandro Galilei geschaffen. Dass der eigentliche Segensbalkons im Norden des ehemaligen Papstpalastes liegt, wird nur wenigen der dort versammelten Menschen bewusst gewesen sein. Die Benediktionsloggia der nördlichen Fassade ist die älteste Roms. 1586 errichtete der Architekt Domenico Fontana den Balkon mit den markanten Türmchen. 1994 wurde die Fassade bei einem Anschlag der Mafia stark beschädigt und anschließend wieder restauriert.
Ein deutlich unscheinbarer Papstbalkon rückte 2013 kurzzeitig ins Zentrum der weltweiten Aufmerksamkeit: Der Balkon der päpstlichen Sommerresidenz in Castel Gandolfo war vor zwölf Jahren Bühne für den letzten öffentlichen Auftritt Papst Benedikts XVI., der mit den Worten “Danke und gute Nacht, danke euch allen!” endete.
Die Loggia mit dem kleinen Glockenturm wurde 1749 unter Benedikt XIV. erbaut. Von hier aus richteten sich die Päpste traditionell während ihres Aufenthalts in den Sommermonaten an die Einwohner und an Touristen. In der größten Hitze verlegten sie diese Begegnungen auch schon mal in den Innenhof, wo es mehr Schatten gab.