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Papst Leo begrüßt Fahrer des Giro d’Italia im Vatikan

Es soll eine der letzten Entscheidungen von Papst Franziskus gewesen sein: Der Giro, eines der berühmtesten Radrennen der Welt, passierte erstmals die Mauern des Vatikans. Dort wurden die Fahrer vom neuen Papst begrüßt.

Es war das schillerndste Bild des insgesamt recht bunten Wochenendes von Papst Leo XIV: 159 Radprofis auf ihren Rennrädern umringen den Mann in Weiß, der auf einer kleinen Bühne hinter dem Petersdom steht. Ihre vielfarbigen Helme glänzen in der römischen Nachmittagssonne; damit kann nur das “Rosa Trikot” konkurrieren, das der Führende der Gesamtwertung trägt und dessen Nachbildung sie dem Papst überreichen.

An diesem Sonntagnachmittag ist eingelöst worden, was Papst Franziskus noch kurz vor seinem Tod am 21. April entschieden hatte: dass die 108. Auflage des internationalen Radrennens eine Teilstrecke durch den Vatikan einlegt – als Tribut an das Heilige Jahr 2025 der katholischen Kirche und als Zeichen der Verbindung von Sport und Spiritualität. Nun kam es seinem Nachfolger Leo XIV. zu, die Fahrer aus 29 Nationen an ihrem letzten Wettkampftag zu begrüßen. Leo war auch hier mehr als ein würdiger “Ersatzmann”, denn Robert Francis Prevost (69), seit 8. Mai Oberhaupt der 1,4 Milliarden Katholiken, ist bekanntlich sportbegeistert.

Um kurz nach halb vier heißt er das verbliebene Fahrerfeld auf der Piazza dei Protomartiri Romani willkommen, wo an die Opfer der Christenverfolgung unter Kaiser Nero erinnert wird. Auch die Sportler haben in den zurückliegenden dreieinhalb Wochen manches Martyrium hinter sich gebracht. Heute sollen sie belohnt werden, sogar von einer schwarz-weißen vatikanischen Doppelspitze: Schwester Raffaella Petrini, seit März erste Frau als Regierungschefin des Vatikanstaats, flankiert in ihrem schwarzen Ordensgewand den Papst in Weiß.

Im Gegensatz zum Begleitlärm von Helikoptern, Polizeiautos und Motorradeskorten scheinen die Fahrer fast lautlos auf den Platz zu gleiten. Nach Shake Hands mit Funktionären und Fahrern erhält Leo das begehrte “Maglia Rosa”, das “Rosa Trikot” von Urbano Cairo, dem Präsidenten des Rundfahrt-Veranstalters. Auch dem Briten Simon Yates, der bereits als Giro-Sieger feststeht, gratuliert der Papst mit herzlichem Händedruck.

“Ich danke euch allen für das, was ihr tut: Ihr seid Vorbilder für die jungen Menschen auf der ganzen Welt, denn man liebt den Giro d’Italia nicht nur in Italien”, so der Papst in seinem teils auf Italienisch und Englisch gehaltenen Gruß. “Der Radsport ist sehr wichtig, wie der Sport generell.” Leo selbst ist begeisterter Tennisspieler, ging vor seiner Papstwahl regelmäßig ins Fitnessstudio, liebt Fußball und Baseball – und offenbar auch den Giro.

“Ihr seid immer willkommen, hier im Vatikan und in der Kirche”, betont der Papst. Die Fahrer sollten stets auf den ganzen Menschen achten: “Körper, Geist, Herz und Seele”, gibt er ihnen mit auf den Weg. “Herzlichen Glückwunsch an alle!”, schließt er, und segnet die Wettkämpfer aus aller Welt. Allerdings bekreuzigen sich dabei längst nicht alle Fahrer.

Während das Feld seinen Weg hinauf in die Vatikanischen Gärten fortsetzt, vorbei am Kloster Mater Ecclesiae, dem Altersruhesitz des Ende 2022 gestorbenen Papstes Benedikt XVI., sowie am Gästehaus Santa Marta, wo Papst Franziskus bis zuletzt lebte, durchbricht einer der Fahrer das verabredete Protokoll und rollt auf den Papst zu.

Der Kolumbianer Nairo Quintana, Sohn einer Bergbauernfamilie in den peruanischen Anden, gibt dem Papst die Hand und wechselt einige Worte mit Leo XIV., der selbst lange in Peru als Bischof tätig war. Als Kind musste Quintana statt mit dem Schulbus die 25 Kilometer zur Schule mit dem Rad fahren – inklusive einer 8-Prozent-Steigung. Mit 35 Jahren ist Quintana einer der Ältesten im Peloton, den Giro beendet er auf Platz 25. Vor elf Jahren gewann er die Italien-Rundfahrt, 2016 auch die spanische Vuelta

Dann rollt er den anderen Fahrern hinterher. Die gut drei Kilometer lange Strecke durch den Vatikanstaat legen sie noch ohne Zeitmessung auch als Ehrenrunde für Franziskus zurück. Anschließend schalten die Sportler allmählich in den Wettkampfmodus – zur 143-Kilometer-Etappe in und um Rom, die nach neun Runden durchs Zentrum mit einem Sprint am Circus Maximus endet.

Für Papst Leo XIV. war es der letzte große öffentliche Termin eines bewegten Wochenendes. Sein viertes Wochenende im Amt hatte am Samstagmorgen mit der Weihe von elf Priestern im Petersdom begonnen und bot am Samstagabend die Rosenkranzandacht an der Lourdes-Grotte in den Vatikanischen Gärten mit rund 2.000 Betern. Am Sonntag ging es weiter mit einer ausführlichen Fahrt im Papamobil über den Petersplatz und einer anschließenden Festmesse mit rund 50.000 Menschen vor dem Petersdom – und dem besonderen Gruß Richtung Radwelt. Nun steigt er wieder in den schwarzen SUV und fährt von dannen – vielleicht in ein paar sportlich-erholsame Stunden vor der neuen Woche.