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Pädagoge: Schulsystem “viel zu wenig” auf Integration ausgelegt

Etwa jedes vierte Schulkind in Deutschland hat einen Migrationshintergrund. Im sozialen Brennpunkt Duisburg-Marxloh werden Kinder mit wenig Deutschkenntnissen unterrichtet – ihr Lehrer sieht Nachholbedarf beim System.

16 Schülerinnen und Schüler, neun verschiedene Sprachen – das kommt in den Vorbereitungsklassen am Elly-Heuss-Knapp-Gymnasium in Duisburg-Marxloh durchaus vor. Das Schulsystem sei auf die Integration dieser Kinder “viel zu wenig” ausgerichtet, kritisiert Pädagoge Moritz Weber-Frerigmann. “Es hat sich eigentlich kaum etwas verändert, seit ich zur Schule gegangen bin – obwohl die Gesellschaft heute viel diverser ist”, sagte er im Interview der “Süddeutschen Zeitung” (Montag).

Wünschen würde sich der Lehrer zum Beispiel einen weniger starren Lehrplan. “In Klasse fünf müssen wir drei Klassenarbeiten pro Halbjahr schreiben, da bleibt nicht viel Zeit dafür, auch mal out of the box zu denken.” Integration funktioniere nach seiner Erfahrung am besten, wenn in einer Klasse alle zusammen seien: Kinder mit guten und Kinder mit kaum Deutschkenntnissen. “Eine klare Motivation, eine klare Perspektive ist wichtig: Wofür lerne ich? Was bringt mir das?”

Hilfreich sei zudem, wenn Lehrkräfte zu zweit als Team arbeiten könnten. “Dann kann sich eine Lehrkraft gesondert um einzelne Schülerinnen und Schüler kümmern und die andere den Unterricht gewährleisten”, so Weber-Frerigmann. Ebenso könne eine schöne, anregende Lernumgebung etwas bewirken, “zum Beispiel mit Sofas und Pflanzen, und nicht nur mit starr gestellten Tischen und Stühlen”.

Die Vorurteile gegenüber Duisburg-Marxloh seien “enorm”, fügte der Pädagoge hinzu. “Wenn man wirklich mal an der Schule war und die Schülerinnen und Schüler kennengelernt hat, kann man eigentlich nur einen guten Eindruck haben: Alle haben eine sehr positive Grundeinstellung zu Menschen.” Das Wichtigste sei eine gute Gemeinschaft und der Versuch, “einfach zu machen”, offen miteinander umzugehen und sich gegenseitig zu helfen. “Wir sagen selten: Das geht so nicht.”