Der Vatikan als Vermittler im Ukraine-Krieg? Die Osteuropa-Expertin Elsner hält das für möglich – unter einer bestimmten Bedingung.
Für die Theologin und Osteuropa-Expertin Regina Elsner hat der Vatikan gute Chancen, als ernsthafter Vermittler zwischen der Ukraine und Russland aufzutreten. Der Vatikan sei mit seiner politischen Neutralität ein guter Partner, sagte Elsner am Mittwoch dem kirchlichen Kölner Internetportal domradio.de. “Denn der Vatikan hat keine militärischen, territorialen und wirtschaftlichen Interessen und ist in der Hinsicht tatsächlich überparteilich.”
Mit Blick auf die Ideologie, den hinter einem Krieg stehenden Ideen oder der Zugewandtheit zu der einen oder anderen Nation könne man aber die Neutralität des Vatikan anzweifeln, so Elsner. “Das haben wir unter Franziskus sehr deutlich gesehen.” Er habe in der Ukraine im Laufe der letzten Jahre sehr viel an Glaubwürdigkeit verspielt. “Denn er hat immer wieder versucht, deutlich zu machen, dass in Russland noch nicht alles verloren ist, dass auch dort viele Chancen bestehen würden, dass Russland teilweise vielleicht berechtigte Interessen haben könnte.”
Von seinem Nachfolger Leo XIV. hat Elsner nach eigenen Worten den Eindruck, dass er bis jetzt sehr schlau auf die politische Karte setze und weniger auf die religiöse. “Das ist immer die Doppelrolle, die der Vatikan hat. Der Vatikan ist eine kirchliche, eine religiöse Organisation, aber auch staatlich-diplomatisch relevant.”
Franziskus hat laut Elsner sehr stark versucht, den Putin unterstützenden russisch-orthodoxen Patriarchen Kyrill religiös zu überzeugen und ihm ins Gewissen zu reden. “Das muss scheitern.” Papst Leo habe sich bis jetzt auf die politisch-diplomatische Neutralität beschränkt. Damit könnte er mehr Erfolg haben als Franziskus. Bei einer Vermittlerrolle in moralischer Hinsicht habe der Vatikan auch sehr viel zu verlieren. Denn wenn er sich neutral zu Verbrechern zeige, sei das moralisch nicht ganz einfach.