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Orthodoxe Kirchen betonen Dialog

Das erste große orthodoxe Konzil der Neuzeit ist abgeschlossen. Beobachter sehen positive Signale für das Verhältnis zu den anderen christlichen Kirchen

Sean Hawkey/KNA

HERAKLION – Mit einem Appell für Einheit und Frieden haben die Oberhäupter orthodoxer Kirchen ihr erstes großes Konzil seit mehr als 1000 Jahren beendet. Zum Abschluss des einwöchigen Treffens auf der griechischen Insel Kreta verlas der Chefsekretär des Ökumenischen Patriarchats von Konstantinopel, Archimandrite Bartholomew Samaras, eine Botschaft des Treffens an die Welt. Sorge äußerten Bischöfe darin vor allem über die Lage im Nahen Osten.
„Die orthodoxe Kirche verurteilt unmissverständlich die Ausbreitung militärischer Gewalt, die Verfolgung, Vertreibung und Tötung von Mitgliedern religiöser Minderheiten, erzwungene Konversionen, den illegalen Handel mit Flüchtlingen, Entführungen, Folter und abscheulichen Exekutionen“, heißt es in dem Zwölf-Punkte-Papier.
Zugleich beschwor das Konzil – an dem zehn der insgesamt 14 orthodoxen Kirchen mit rund 300 Delegierten teilnahmen – die Einheit unter den Orthodoxen. Diese müsse noch „gestärkt werden und neue Früchte tragen“. Es sei der Vorschlag gemacht worden, „dass das heilige und große Konzil zur regulären Institution wird und alle sieben bis zehn Jahre einberufen wird“, hieß es zudem.
Im Verhältnis zu anderen christlichen Gemeinden resümierten die Bischöfe: „Unsere Kirche legt großen Wert auf den Dialog, vor allem mit nicht-orthodoxen Christen.“
Die Endfassung der während des Konzils beschlossenen Dokumente unter anderem zum Heiraten, dem Fasten, der orthodoxen Diaspora und dem Umgang mit anderen Christen soll in den kommenden Tagen auf der Internetseite des Konzils veröffentlicht werden.
Am vergangenen Samstag hatte der Ökumenische Patriarch von Konstantinopel, Bartholomäus I., Ehrenoberhaupt der orthodoxen Weltkirche, bei der abschließenden Sitzung das Konzil als „bedeutendes Ereignis“ für die orthodoxe Kirche bewertet, die Abwesenheit wichtiger Kirchen aber „unverantwortlich“ genannt. Die Patriarchen von Bulgarien, Georgien und Antiochien sowie die Russische Orthodoxe Kirche hatten ihre Teilnahme kurzfristig abgesagt.
Das Treffen, das schon seit mehr als 50 Jahren gemeinsam vorbereitet worden war und als kirchenhistorische Sensation galt, fiel damit deutlich kleiner aus als vorgesehen. Beobachter führten dies auch auf Machtspiele zwischen Moskau und dem Ökumenischen Patriarchat von Konstantinopel zurück. Russland stellt mit rund 160 Millionen Mitgliedern mehr als die Hälfte aller rund 300 Millionen orthodoxen Christen weltweit. Laut dem Ökumenischen Patriarchat von Konstantinopel haben die Beschlüsse von Kreta dennoch bindende Kraft für die gesamte Orthodoxie.
Mit Blick auf die Gäste des Konzils aus anderen Kirchen bekräftigte Bartholomäus I., dass er einen Dialog für lebenswichtig halte. Unter den Beobachtern war auch der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm. Dieser werde dem Ökumenischen Patriarchat von Konstantinopel Ende September einen offiziellen Besuch abstatten, kündigte das orthodoxe Kirchenoberhaupt an.
Gerade das sogenannte Ökumene-Papier zum „Verhältnis der Orthodoxen Kirche zur übrigen christlichen Welt“ hatte zuvor für Streit gesorgt. Manchen Orthodoxen gehen die Aussagen darin zu weit, denn viele billigen etwa Katholiken und Protestanten den Status als Kirche nicht zu. Zum Verhältnis zu anderen christlichen Kirchen heißt es unter anderem, dass die orthodoxe Kirche den geschichtlichen Namen „anderer nicht-orthodoxen christlichen Kirchen und Konfessionen“ akzeptiere, die nicht zu ihrer Gemeinschaft gehörten.
Nach Einschätzung des EKD-Ratsvorsitzenden wird das Konzil die Beziehungen zu anderen christlichen Kirchen stärken. Bartholomäus I. habe ihn in seiner Abschlussrede als Vertreter der Deutschen Evangelischen Kirchen persönlich begrüßt, sagte Bedford-Strohm. Darin zeige sich auch die Frucht vieler Dialoge der EKD mit den Orthodoxen. Er habe sich sehr über die „außerordentliche Herzlichkeit“ gefreut, mit der die ökumenischen Gäste empfangen worden seien.
Auch der Ostkirchenexperte Reinhard Thöle, der ebenfalls als Beobachter an der Versammlung teilnahm, zog eine insgesamt positive Bilanz. „Die Absage einiger Kirchen, am Konzil teilzunehmen, ist mitnichten Ausdruck einer Kirchenspaltung“, erklärte der Professor an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Die teilnehmenden Kirchen hätten für die Abwesenden gebetet und das Moskauer Patriarchat habe ausdrücklich in einem Schreiben an die Synode betonte, dass es seinerseits für die Synode betet. epd