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Ort der Trauer und Naturoase

Geschwungene Wege führen durch die offene, weitläufige Parkanlage mit Rasenflächen, alten Bäumen, künstlich angelegten Hügeln und Teichanlagen. Grabsteine entlang des Wegs erinnern an die Verstorbenen. Vor 150 Jahren wurde der Karlsruher Hauptfriedhof nach dem Vorbild englischer Gartenanlagen gestaltet, ein damals ungewöhnliches Konzept.

Die erste Bestattung fand am 16. November 1874 statt. Damit gilt der Friedhof als erster kommunaler Parkfriedhof Deutschlands. Zuvor waren Friedhöfe rein funktional und in streng symmetrisch angereihten Gräbern angelegt nach barockem Muster.

Für die Begräbnisstätte außerhalb der Stadt habe Stadtbaumeister Josef Durm (1837-1919) nach den Prinzipien der englischen Gartengestaltung einen weitläufigen Park angelegt, erläutert die Kunsthistorikerin Simone Maria Dietz vom Infocenter am Hauptfriedhof Karlsruhe im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). Er habe einen Ort des Gedenkens schaffen wollen, der die Hinterbliebenen in den Vordergrund stelle.

Das Konzept des Friedhofs als eines „Ortes für die Lebenden“ entspreche der heutigen Sicht auf Friedhöfe, so Dietz. Sogar auf eine Einfriedung wollte Durm verzichten und den Friedhof lediglich durch einen Graben vom angrenzenden Hartwald abtrennen. Dies wurde von der Stadtverwaltung jedoch abgelehnt und eine Grenzmauer errichtet.

Weil der Friedhof etwa eine halbe Stunde Fußmarsch entfernt errichtet wurde, änderte sich auch für die Karlsruherinnen und Karlsruher einiges, erzählt Dietz. Statt einer häuslichen Aufbahrung mit Leichenrede durch den Pfarrer sowie dem anschließenden Leichenzug durch die Straßen fand die Aufbahrung nun in der von Durm errichteten Friedhofskapelle statt.

Seitdem haben sich auch die Bestattungsarten verändert. Statt der früher üblichen Erdbestattungen gebe es heute 80 Prozent Feuerbestattungen, erklärt der Leiter des Friedhofsamtes Matthäus Vogel dem Evangelischen Pressedienst (epd). Zudem wünschten sich viele Menschen ein Naturgrab. Nicht grau und von hohen Mauern umgeben, sondern ein Ort der Natur, Ruhe und Erholung sollte ein Friedhof sein.

Auch Patenschaften für alte Grabsteine werden angeboten. Der Pate oder die Patin dürfen Stein und Grabstätte für verstorbene Angehörige kostenlos nutzen, müssen sich aber um den Erhalt kümmern. Ein Angebot, das bereits mehr als 100 Bürger nutzen. Seit 2001 können auch totgeborene Kinder auf einem Sternenkinderfeld bestattet werden.

Kinder sind besonders wichtig für Friedhofsleiter Vogel. Als erster überhaupt ließ er 2012 auf dem Friedhof den Spielplatz „Kinderwelten“ errichten. „Ein Spielplatz gehört für mich zum Friedhof – und zwar mittendrin und nicht etwa am Rand“, sagt Vogel. Die Kinder könnten sich dort spielerisch mit Sterben und Tod beschäftigen.

Dazu hat der Spielplatz zwei Teile. In einem kann geschaukelt und gerutscht werden, auf dem anderen können die Schaukeln nicht bewegt werden, die Rutsche ist abgedeckt. Eine große Holzskulptur zeigt einen Jungen, der seinen Vater auf den Schultern trägt.

Kinder und Jugendliche haben auf Tafeln ihre Gedanken notiert. „Ich kann einfach nicht durch die Wand, um Tschüss zu sagen, Papa“, formuliert es ein Kind. Andere malen mit vielen Herzen Bilder über ihre Trauer oder fassen den Verlust von Mama oder Papa mit den Worten „Ich vermisse dich“ zusammen. (2544/13.11.2024)