Der ehemalige NDR-Verwaltungsratsvorsitzende Ulf Birch plädiert für eine kollegiale Leitung der öffentlich-rechtlichen Sender in Form eines Direktoriums. Die „monokratische Intendantenverfassung“ halte er für nicht mehr zeit- und sachgemäß, scheibt Birch in einem Beitrag für den Fachdienst epd medien. Die Gesetzgeber der Länder sollten ihren Handlungsspielraum nutzen und in ihren Medien- und Staatsverträgen die Einführung einer Direktorialverfassung für die Rundfunkanstalten vorsehen.
Neue Leitungsstrukturen seien notwendig geworden
Birch, der von 2013 bis Juni dieses Jahres Mitglied des NDR-Verwaltungsrats war, schreibt, allein die Entwicklung der Sender von ehemaligen „Sendeanstalten“ hin zu modernen Medieneinrichtungen mit vielfachen Ausspielwegen mache die Notwendigkeit veränderter Leitungsstrukturen deutlich. „Die Aufgabe des Führungsprinzips zugunsten des Leitungsprinzips bedeutet eine stärkere Demokratisierung.“
Das Letzt-Entscheidungsrecht eines Intendanten oder einer Intendantin könnte ersetzt werden durch Kollegialentscheidungen eines gleichberechtigten Direktoriums mit einer zeitgemäßen Teamstruktur und klar definierten Verantwortlichkeiten für eigenverantwortliche Ressorts. Als Vorbild nennt Birch die Leitungsstrukturen bei Sparkassen oder Stiftungen des öffentlichen Rechts. Es sei strikt darauf zu achten, ausgewiesene teamfähige Persönlichkeiten für Führungspositionen auszuwählen.
Monokratische Leitung nicht mehr zeit- und sachgerecht
Bislang sei den öffentlich-rechtlichen Sendern die Intendantenverfassung gemeinsam, analog zu einem Intendanten an einem Theater oder Opernhaus, schreibt der ehemalige Gremienvorsitzende. „Doch nach dem Skandal beim RBB und Vorfällen in anderen öffentlich-rechtlichen Sendern mehren sich die Stimmen, die eine monokratische Anstaltsleitung für nicht mehr zeit- und sachgerecht erachten.“ Erfahrungen bei Radio Bremen zwischen 1979 und 1999 zeigten, dass ein gleichberechtigtes Direktorium durchaus verantwortungsvoll kollegiale Entscheidungen treffen könne.
Birch leitete viele Jahre die Öffentlichkeitsarbeit beim ver.di-Landesbezirk Niedersachsen-Bremen. Von 1994 bis 2012 war er Mitglied des NDR-Rundfunkrats, von 2013 bis 2023 Mitglied des NDR-Verwaltungsrats. In den Jahren 2013, 2014, 2018 und 2019 saß er dem NDR-Verwaltungsrat vor.