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Oberstes US-Gericht prüft Gesetz gegen Geschlechtsumwandlungen

Der Supreme Court in den USA mischt in der Debatte um geschlechtsangleichende Behandlungen für Minderjährige mit. Nun verhandelte es ein kontroverses Gesetz aus Tennessee, welches diese verbietet.

Eine für das kommende Jahr erwartete Entscheidung des Supreme Court wird weitreichende Auswirkungen für junge Transgender-Menschen in den USA haben. Konkret geht es um ein Gesetz aus dem Südstaat Tennessee, das republikanisch geführte Staaten kopiert haben. Das 2023 verabschiedete Gesetz verbietet den Einsatz von Hormonen und Pubertätsblockern bei Minderjährigen für geschlechtsangleichende Behandlungen. Führende medizinische Organisationen in den USA betrachten diese jedoch als sicher.

Gegen das Verbot hatten in Tennessee drei Transgender-Jugendliche, deren Eltern und ein Arzt geklagt. Er behandelt junge Menschen, wenn sich ihre Geschlechtsidentität von dem bei der Geburt zugewiesenen Geschlecht unterscheidet. Die Betroffenen fühlen sich diskriminiert und halten Tennessee vor, damit gegen die Gleichheitsklausel der Verfassung zu verstoßen. Ein Berufungsgericht erlaubte dem Bundesstaat jedoch, das Gesetz während der Dauer des Rechtsstreits anzuwenden.

Der Supreme Court hätte sich nicht mit dem Fall befassen müssen, griff nun aber per Anhörung in die Debatte ein. Insofern klang es für die Vertreter der Kläger widersprüchlich, dass der Vorsitzende Richter John Roberts und Richter Brett Kavanaugh während der Anhörung wiederholt durchblicken ließen, das Thema sei besser in den 50 Gliedstaaten angesiedelt.

Kavanaugh sagte, es sei verständlich, dass einige Länder “aufgrund von Bedenken über die Risiken bei dieser Art von Behandlung auf die Bremse treten”. Damit übernahm er die Position des Bundesstaates Tennessee, dessen Justiziar Matthew Rice den Vorwurf der Diskriminierung von Transgender-Jugendlichen zurückwies.

Bei dem Gesetz gehe es vielmehr darum, “Minderjährige vor riskanten, unbewiesenen medizinischen Eingriffen zu schützen”. Es schreibe schlicht Altersgrenzen für bestimmte Behandlungen vor, bewerte damit aber nicht die Transgender-Problematik an sich. “Die Anwendung richtet sich ausschließlich nach dem medizinischen Zweck.”

Darauf hoben die drei liberalen Richter ab. Sonia Sotomayor, Elena Kagan und Ketanji Brown Jackson waren sich in ihrer Skepsis gegenüber dem strittigen Gesetz einig. Kagan sagte, bei dem Verbot in Tennessee gehe es “einzig und allein um das Geschlecht”. Die Absicht des Verbots bestehe darin, dass “Jungen Jungen und Mädchen Mädchen bleiben”.

Neben den juristischen Fragen beschäftigten sich die Richter in der mehr als zweistündigen Anhörung auch mit breiteren gesellschaftlichen Debatten über Transgender-Athleten, den Zugang zu Toiletten und zur Gesundheitsversorgung sowie mit der Frage, was Transgender zu sein bedeutet. Alles Themen, die der designierte Präsident Donald Trump im Wahlkampf aufgegriffen hatte, um die Rechte von Transgendern ins Visier zu nehmen.

Beobachter der Anhörung vom Mittwoch gewannen den Eindruck, dass die Mehrheit der Richter das Verbot nicht aufheben wird. Dies hätte weitreichende Auswirkungen nicht bloß für Tennessee, sondern für 23 andere Staaten, die in den vergangenen Jahren ähnliche Beschränkungen für Geschlechtsumwandlungen erlassen haben. Damit wäre die Debatte über Transgenderrechte durch das Urteil des Supreme Court dann endgültig auf der nationalen Ebene angekommen.

Erst zum zweiten Mal hat sich das Oberste Gericht der USA mit den Rechten von Transgendern befasste. Im Jahr 2020 stellte es sich bei der Frage, ob die Bürgerrechtsgesetze Homosexuelle und Transgender-Personen vor Diskriminierung am Arbeitsplatz schützten, mehrheitlich auf die Seite der Kläger.