Die Einstufung der AfD als gesichert rechtsextremistische Partei stößt in Nordrhein-Westfalen überwiegend auf Zustimmung, zu den nötigen Konsequenzen gibt es aber unterschiedliche Vorstellungen. Während Vertreter von Grünen und SPD in NRW am Freitag ein AfD-Verbotsverfahren forderten, vermieden CDU und FDP eine Aussage in diese Richtung. Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) sprach sich dafür aus, der AfD durch die Lösung von Problemen „die Existenzgrundlage zu entziehen“. Der Präses der rheinischen evangelischen Kirche, Thorsten Latzel, forderte „klare Kante“, wo die Demokratie und eine offene Gesellschaft angegriffen werden. Der Zentralrat der Muslime (ZMD) verlangte „Haltung, Mut und Klarheit in Regierung, Opposition und Zivilgesellschaft“.
Der Verfassungsschutz stuft die AfD seit Freitag aufgrund „der die Menschenwürde missachtenden, extremistischen Prägung der Gesamtpartei als gesichert extremistische Bestrebung“ ein. Dies ermöglicht den Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel.
Wüst sagte dem Magazin „Spiegel“ (Online), es sei Aufgabe aller Demokraten, der AfD die Existenzgrundlage zu entziehen. Das gelinge am besten, „indem die Probleme der Menschen gelöst werden – sachlich, fundiert und wirkungsvoll“. Er sei überzeugt, dass die neue Bundesregierung diese Aufgabe „beherzt annehmen“ werde. Für alle demokratischen Parteien in Deutschland müsse klar sein, dass die AfD der politische Hauptgegner sei.
Landesinnenminister Herbert Reul (CDU) sagte der Düsseldorfer „Rheinischen Post“ (Samstag), wer systematisch gegen Menschenwürde und Rechtsstaatlichkeit hetze, dürfe nicht länger hinter bürgerlicher Fassade agieren. Der Verfassungsschutz erfülle seine Aufgabe, indem er die Bedrohung durch die AfD sichtbar mache.
Die stellvertretende NRW-Ministerpräsidentin Mona Neubaur (Grüne) sagte dem Blatt, es sei an der Zeit, dass die Demokratie denjenigen ihre Zähne zeige, die sie abschaffen wollten. Die AfD dürfe nicht weiter „politisch normalisiert“ werden. NRW-Grünen-Parteichef Tim Achtermeyer und Grünen-Fraktionschefin Verena Schäffer forderten ein Verbotsverfahren gegen die AfD. „Es ist jetzt der Zeitpunkt, einen Verbotsantrag für die AfD beim Verfassungsgericht zu stellen“, sagte Achtermeyer dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ (Samstag).
Auch der Generalsekretär der NRW-SPD, Frederick Cordes, nannte die AfD-Einstufung des Verfassungsschutzes eine Grundlage für ein Verbotsverfahren. Nach Einschätzung des Oppositionsführers im NRW-Landtag, Jochen Ott (SPD), wird „ein Verbotsverfahren jeden Tag etwas wahrscheinlicher“. Bei der AfD habe sich im Landesparlament „nichts normalisiert, er wird immer schlimmer“. Die FDP-Fraktion rief alle politischen Verantwortungsträger auf, jegliche Kooperation mit der AfD strikt auszuschließen.
AfD-Landessprecher Martin Vincentz kündigte an, die AfD werde sich „natürlich mit allen juristischen Mitteln wehren und gewinnen“. Er behauptete, das Bundesamt für Verfassungsschutz habe „weisungsgebunden“ über die neue Einstufung der Partei entschieden. Die Hochstufung der AfD als gesichert rechtsextremistisch beschädige die Demokratie.
Präses Latzel sagte dem Evangelischen Pressedienst (epd), Demokratie müsse wehrhaft sein, um ihre offenen Freiräume zu erhalten. Die AfD treibe eine Spaltung der Gesellschaft voran und spreche „anderen Menschen das Existenzrecht in Deutschland ab – nur aufgrund der Tatsache, dass sie etwas anderes glauben und aus einem anderen Land stammen“.