Die Meldung, dass Oscar Arias sein Visum für die USA verloren hat, sorgt in seiner Heimat Costa Rica für Irritationen und Verstimmung – und für kritische Nachfragen an den eigenen Präsidenten.
Da war selbst der Friedensnobelpreisträger für einen Moment sprachlos: Per E-Mail informierten die US-Behörden Costa Ricas Ex-Präsidenten darüber, dass ihm ohne Angabe von Gründen das Visum für die Vereinigten Staaten entzogen worden sei. So berichten es die Medien in dem mittelamerikanischen Land in dieser Woche. Seitdem ist die Aufregung in der “Schweiz Mittelamerikas” groß.
“Sie haben mir weder einen einzigen Grund noch etwas sehr Konkretes genannt. Sie haben mir mehrere Fragen gestellt. Die habe ich beantwortet”, berichtete Arias dem Portal “Observador” (Donnerstag Ortszeit) über ein Treffen in der US-Botschaft. Ihm sei dann aber klar geworden, dass das “wichtigste Unbehagen des Außenministeriums und der Regierung im Allgemeinen darin besteht, dass ich 2007 die diplomatischen Beziehungen zu China wiederhergestellt habe und dass ich eine Freundschaft mit der chinesischen Regierung pflege”.
Zuvor hatte Arias bei einer Pressekonferenz in seinem Haus in San Jose gefragt, wie es denn sein könne, dass sie jene bestrafen wollen, die anders denken. “Das ist keine Demokratie.” Wo es keine Freiheit für Kritik, keine Freiheit der Gedanken, keine freie Meinungsäußerung, keine Pressefreiheit gibt, da gebe es keine Demokratie. “Heute haben sie leider autokratische Züge. Aber wer bin ich, dass ich der US-Regierung sagen könnte, sie solle sich bessern”, sagte Arias und versprach: “Ich lasse mich nicht zum Schweigen bringen.” Donald Trump hatte er kurz zuvor das Gebaren eines römischen Kaisers attestiert.
Arias (84) zählt zu den angesehensten Persönlichkeiten in Costa Rica und in ganz Zentralamerika. Zweimal regierte er als Präsident: von 1986 bis 1990 und von 2006 bis 2010. Seine historische Lebensleistung vollbrachte er aber damit, einen dauerhaften Frieden in einem von Bürgerkrieg zerrissenen Mittelamerika hergestellt zu haben. Dafür erhielt er 1987 den Friedensnobelpreis.
Bei einem Friedensgipfel im August 1987 in Esquipulas gelang es Arias, die Staatschefs von Honduras, Nicaragua, El Salvador und Guatemala von seinem sogenannten Arias-Sanchez-Plan zu überzeugen, der eine langfristige Sicherung des Friedens für Mittelamerika zum Ziel hatte. Der Plan sah vor, innerhalb der einzelnen Länder nationale Gespräche zur Friedenssicherung zu führen, die Unterstützung von Guerilla-Truppen in den Nachbarländern einzustellen, demokratische Grundrechte zu manifestieren und freie Wahlen zu ermöglichen. Am Ende sollte so die gesamte Region befriedet werden und sich wirtschaftlich entwickeln können. Zumindest der Friedensplan ging auf; eine breitere wirtschaftliche Entwicklung blieb aber aus.
Angesichts dieser historischen Verdienste ist die Überraschung über den Entzug des Visums groß. In die Kritik gerät nun auch Costa Ricas amtierender Präsident Rodrigo Chaves, der als Verbündeter Trumps gilt. Ex-Präsidentin Laura Chinchilla (2010-2014) kommentierte sarkastisch: “Präsident? Er scheint mehr der Sprecher einer ausländischen Regierung zu sein.”
Ein Präsident sollte seinen Außenminister anweisen, diese Regierung respektvoll nach den Gründen für die ergriffenen Maßnahmen zu fragen, forderte Chinchilla laut der Zeitung “El Mundo”. Es stehe nicht das souveräne Recht der USA infrage, Visa zu entziehen. Es müsse aber Besorgnis erregen, dass anders als bei Fällen wie Nicaragua, Kuba und Venezuela die Gründe für die Entscheidung nicht erläutert wurden.
Die linke Abgeordnete Rocio Alfaro von der Partei Frente Amplio kritisierte zudem mit Blick auf die neu erlassenen Strafzölle, erst habe sich Chaves mit den “Gringos” eingelassen, und jetzt sei er von den Zöllen blamiert worden. Noch allerdings ist der Präsident in der Bevölkerung sehr populär; seine Zustimmungsrate lag zuletzt bei 54 Prozent.