Hannover. Nach langwierigen kontroversen Diskussionen haben sich Landesregierung, Opposition und muslimische Verbände in Niedersachsen am Dienstag auf eine neue Fassung eines Islam-Vertrages geeinigt. Neu aufgenommen wurde vor allem auf Drängen der CDU ein Passus, in dem sich die Muslime im Land verpflichten, dem Missbrauch ihrer Religion durch den Islamismus entgegenzutreten. Zudem wendet sich der Vertragsentwurf gegen jede Form von Islamfeindlichkeit. "Das war ein richtig großer Schritt vorwärts", sagte Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) nach den vierstündigen Beratungen: "Es gibt gute und faule Kompromisse – heute ist uns ein guter gelungen."
Die evangelischen Kirchen in Niedersachsen begrüßten die Einigung. "Wir freuen uns, dass weiter verhandelt wird", sagte der Sprecher der Konföderation, Johannes Neukirch, auf epd-Anfrage. Die Kirchen hielten eine solche Vereinbarung für notwendig. Zu Details könnten sie aber erst Stellung nehmen, wenn der neue Vertragstext vorliege. "Die Kirchen stehen gern für Beratung zur Verfügung", sagte Neukirch. Die evangelischen Kirchen hatten 1955 einen Staatsvertrag mit dem Land Niedersachsen geschlossen.
Umstrittene Passagen ausgeklammert
Der Rahmenvertrag mit den Muslimen soll deren Rechte und Pflichten in Niedersachsen umfassend beschreiben. Umstrittene Passagen wie Gebetsmöglichkeiten an Schulen werden in dem neuen Entwurf ausgeklammert – der Text verweist dabei lediglich auf die bestehenden gesetzlichen Regelungen in Deutschland. Der Vertragsentwurf soll nach der Sommerpause im Landtag sowie in den Verbänden und Fraktionen weiter beraten werden. Er könnte im Herbst verabschiedet werden. Nach Hamburg und Bremen wäre Niedersachsen das erste Flächenland, das einen solchen Vertrag erhält.
Die beiden muslimischen Landesverbände begrüßten die Einigung. "Der Vertrag ist ein großer Meilenstein für die Muslime in Niedersachsen und für das Land Niedersachsen", sagte der Vorsitzendes des Verbandes "Schura", Recep Bilgen. Für den Verband "Ditib" unterstrich der Vorsitzende Yilmaz Kilic: "Das zeigt, dass die Muslime dazugehören in Niedersachsen." Wie schon beim islamischen Religionsunterricht und beim Institut für Islamische Theologie in Osnabrück sei Niedersachsen ein Vorreiter unter den Bundesländern.