Der nordrhein-westfälische Landtag hat ein neues Verfassungsschutzgesetz verabschiedet. Die Änderungen wurden am Mittwoch in Düsseldorf vom Parlament mit den Stimmen der Fraktionen von CDU und Grünen angenommen. Das Gesetz soll neue Möglichkeiten bieten, um Verfassungsfeinde und Terrorismus auch in der digitalen Welt effektiver bekämpfen zu können.
NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) verwies darauf, dass das bisherige Gesetz aus dem Jahr 1994 stammte. Damals habe es weder Smartphones noch TikTok, Instagram und Google gegeben. Das neue Gesetz reagiere auf aktuelle Bedrohungslagen, auch in der digitalen Welt. Neben mehr Befugnissen für die Überwachung beinhalte es aber auch mehr Berichtspflichten gegenüber dem Parlament. Zudem sei die richterliche Kontrolle erweitert worden.
Das neue Gesetz regelt etwa den Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) durch den Verfassungsschutz und erlaubt auch die Quellen-Telekommunikationsüberwachung, Quellen-TKÜ genannt. Damit dürfen neben klassischen Kommunikationswegen auch verschlüsselte Messenger-Dienste wie Telegram, WhatsApp und E-Mails vom Verfassungsschutz überwacht werden. So bekomme der NRW-Verfassungsschutz dieselben Befugnisse wie die Bundesbehörden.
Zudem bekommt die NRW-Behörde mit dem neuen Gesetz die Berechtigung zur Funkzellenabfrage in Mobilfunknetzen, wenn ein Richter zugestimmt hat. Der heimliche uneingeschränkte Fernzugriff auf Massenspeicher, also die sogenannte Online-Durchsuchung, ist laut Gesetzentwurf aber nicht erlaubt. Die Altersgrenze für die Verarbeitung personenbezogener Daten wird von 16 auf 14 Jahre abgesenkt, eine Wohnraumüberwachung und der Zugriff auf Videoüberwachung im öffentlichen Raum in Echtzeit sind nun möglich.
Die SPD-Abgeordnete Christina Kampmann äußerte verfassungsrechtliche Bedenken. „Ein solches Gesetz macht unseren Verfassungsschutz nicht stärker, es schürt erhebliche Bedenken in der Rechtsanwendung“, kritisierte sie. Innenminister Reul betonte hingegen, er sei überzeugt, dass das Gesetz dem Verfassungsschutz „bessere Arbeitsmöglichkeiten“ gebe. „NRW wird damit aber überhaupt nicht zum Überwachungsstaat“, sagte er.
Das Gesetz sieht außerdem eine neue Kontostammdatenanfrage vor, um Finanzermittlungen zu erleichtern. Mit der Befugnis zur Anfrage bei Verkehrsunternehmen soll es einfacher werden, Reisewege von Extremisten, Terroristen und Agenten fremder Mächte zu verfolgen. Auch sogenannte Zuverlässigkeitsüberprüfungen, etwa von Mitarbeitern auf Großveranstaltungen, erfolgten nun auf einer deutlichen rechtlichen Grundlage.
Aber auch für den Verfassungsschutz selbst sieht das neue Gesetz eine stärkere Kontrolle vor. So bekommt etwa das parlamentarische Kontrollgremium im Landtag mehr Rechte. Das neue Verfassungsschutzgesetz ist Teil des Sicherheitspakets der Landesregierung nach dem Terroranschlag von Solingen im Sommer 2024.