Das Pflegestudium in Deutschland soll attraktiver werden. Künftig erhalten Studierende eine Vergütung.
Es ist ein weiterer Schritt gegen den Personalmangel. Studierende in der Pflege erhalten künftig für die gesamte Dauer ihres Studiums eine Vergütung. Bislang müssen viele von ihnen nebenbei arbeiten, um ihre Ausbildung finanzieren zu können. Das ist aber wegen der zahlreichen geforderten Praktika kaum möglich.
Das am Freitag auch vom Bundesrat beschlossene Pflegestudiumstärkungsgesetz sieht konkret vor, dass die Pflegeausbildung an den Hochschulen künftig im Rahmen eines dualen Studiums mit Ausbildungsvertrag erfolgt. Finanziert werden soll die Leistung über die bestehenden Ausgleichsfonds in den Bundesländern, die auch schon die berufliche Pflegeausbildung mitfinanzieren. In sie zahlen die Länder sowie alle Pflegeeinrichtungen ein. Die Höhe des Einkommens für dual Studierende ist nicht gesetzlich festgelegt und kann vom jeweiligen Arbeitgebern selbst bestimmt werden.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte die Gesetzesinitiative mit dem wachsenden Bedarf an Pflegekräften in einer älter werdenden Gesellschaft begründet. “Um sie für den Pflegeberuf zu begeistern, brauchen wir bereits in der hochschulischen Pflegeausbildung attraktive Bedingungen”, sagte der Minister. Deshalb sollten sie finanziellen Freiraum erhalten, “um sich ganz auf das Studium konzentrieren zu können”. Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) hatte darauf hingewiesen, dass derzeit nur wenige junge Menschen ein Pflegestudium starteten und jeder zweite Studienplatz unbesetzt bleibe.
Im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens hatten mehrere Sachverständige bemängelt, dass Deutschland bei der Akademisierung der Pflege deutlich zurückliege. Der Freiburger Sozialwissenschaftler Thomas Klie verwies darauf, dass mit Blick auf die alternde Gesellschaft immer mehr Fälle mit hochkomplexen Pflegesituationen, chronischen Erkrankungen oder Demenzfällen aufträten, bei denen eine akademische Pflegekompetenz sehr sinnvoll sei. Akademiker könnten eine Steuerungsfunktion übernehmen.
Der Wissenschaftsrat hatte 2012 empfohlen, dass 10 bis 20 Prozent der Pflegekräfte eine wissenschaftliche Ausbildung haben sollten. “Für die Steuerung von hochkomplexen Prozessen braucht es akademisch ausgebildetes Personal”, erklärte er. Der Deutsche Pflegerat geht davon aus, dass in den nächsten zehn Jahren 10.000 Studienplätze zusätzlich notwendig seien. 2021 gab es 508 Erstimmatrikulationen von Studierenden, was bei 61.458 Ausbildungseintritten einer Akademisierungsquote von nur 0,82 Prozent entspricht.
Die jetzt verabschiedete Regelung sieht vor, dass auch bereits Studierende für den Rest ihrer Ausbildung die Vergütung erhalten. Ferner soll die Ausbildung künftig die Digitalisierung, gendermedizinische Aspekte und die Möglichkeit von Auslandsaufenthalten stärker berücksichtigen.
Auch sollen die Anerkennungsverfahren für ausländische Pflegefachkräfte vereinheitlicht und vereinfacht werden. Außerdem soll es möglich werden, auf eine umfassende Gleichwertigkeitsprüfung zugunsten einer Kenntnisprüfung oder eines Anpassungslehrgangs zu verzichten.
Die Caritas begrüßte die Regelung. Angesichts des sich verschärfenden Fachkräftemangels sei es dringend erforderlich, “verstärkt Abiturienten für dieses sinnstiftende Berufsfeld zu begeistern”, erläutert Norbert Altmann, Sprecher der Dienstgeberseite der Arbeitsrechtlichen Kommission der Caritas.