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Neue Runde im Konflikt zwischen Franziskus und Milei

Nach einem Treffen im Vatikan schienen die Wogen zwischen dem Papst und Argentiniens neuem Präsidenten äußerlich geglättet. Nun aber brechen die Gräben neu auf. Vor allem über die Rolle des Staates herrscht Uneinigkeit.

Nach einer Serie von Auslandsreisen liegt der Fokus des neuen argentinischen Präsidenten Javier Milei wieder auf der Innenpolitik. Zu Beginn der nächsten Kongressrunde will der radikal-marktliberale Regierungschef die Marschroute für die nächsten Wochen festlegen. Im Land geben Sozialbewegungen, Gewerkschaften und der lange regierende Links-Peronismus Widerstand gegen Mileis knallharten Spar- und Reformkurs. Die Regierung kürzte auch den Provinzen die Mittel, weil sie sich gegen die neue Linie aussprachen.

Die politische Lage im Land ist stark angespannt; fast täglich kündigen Gewerkschaften neue Streiks an. In einem Interview mit der “Financial Times” ließ Präsident Milei durchblicken, dass er mit Hilfe von Dekreten regieren wolle. Im Parlament fehlt ihm eine eigene Mehrheit; das Bündnis aus libertären und konservativen Kräften steht zudem auf wackeligen Füßen. Ändern könnte sich daran erst etwas bei den Parlamentswahlen 2025.

Unmittelbar vor einer erneuten Kraftprobe im Kongress hat sich nun auch Papst Franziskus wieder zu Wort gemeldet. Während Milei die Rolle des Staates so klein wie möglich und auf das Notwendigste beschränkt sehen will, sprach sich das Kirchenoberhaupt in dieser Woche nachdrücklich für staatliche Eingriffe aus und warnte: “Der Marktgott und die Profitgöttin sind falsche Gottheiten, die uns zu Entmenschlichung führen.” Gerichtet waren diese Worte zwar an das Panamerikanische Komitee von Richtern für soziale Rechte und franziskanische Lehre (COPAJU). Doch es wurde deutlich, wer damit eigentlich gemeint war: Javier Milei.

Dessen Regierungssprecher Manuel Adorni ging in einer seiner morgendlichen Pressekonferenzen darauf ein und versicherte, dass die Regierung die Einlassungen des Papstes zur Rolle des Staates bei Umverteilung und sozialer Gerechtigkeit zur Kenntnis nehme. Zugleich stellte er klar, dass man mit einer staatsgläubigen Haltung nicht einverstanden sei. “Das Volk hat an der Wahlurne gezeigt, dass es das nicht will”, so Adorni.

Schon im Wahlkampf hatte es eine Art Fernduell zwischen Franziskus und Milei gegeben. Ohne den späteren Wahlsieger beim Namen genannt zu haben, warnte der Papst vor politischen Rattenfängern. Milei seinerseits warf dem Papst eine zu große Nähe zu lateinamerikanischen Links-Diktaturen vor. Bei einem Treffen im Februar im Vatikan war die Atmosphäre trotzdem herzlich.

Die Worte des Papstes dürften vor allem an bei den traditionell linksgerichteten Armenpriestern Argentiniens gut angekommen sein. Sie kritisieren den Reform- und Sparkurs des Präsidenten scharf – und berichten über eine wachsende Armut in der Bevölkerung. Auch der Weihbischof in Buenos Aires, Gustavo Carrara, hält nichts davon, die Staatsausgaben zu reduzieren: “Ich wünsche mir, dass dieser Fehler noch rechtzeitig korrigiert wird – sonst könnte es zu einer Katastrophe kommen.”

Mileis libertär-konservative Regierung ist seit Mitte Dezember im Amt und will mit drastischen Sparmaßnahmen das seit langem überschuldete Land sanieren. Milei prognostizierte ein schweres erstes Jahr; danach aber werde die Wirtschaft des Landes nachhaltig wachsen und Wohlstand generieren.

Die neue Regierung übernahm die Amtsgeschäfte mit einer Armutsrate von fast 45 Prozent, einer Kinder- und Jugendarmut von 62 Prozent sowie einer anhaltenden Hyperinflation. In einer politischen Kehrtwende strich Milei zunächst Subventionen und sorgte für eine Abwertung des argentinischen Peso, was teils zu weiteren Preissteigerungen führte.

Zwar erhöhte die Regierung auch die Sozialabgaben deutlich, schnitt aber den Peronismus nahe stehenden kommunalen Armenspeisungen die Gelder ab. Diese sollen künftig neu verteilt werden. Im ersten Monat stieg die Armutsrate laut Zahlen der Katholischen Universität Buenos Aires auf 57 Prozent. Zugleich fuhr Argentinien im Januar erstmals seit zwölf Jahren einen Haushaltsüberschuss ein. Dadurch eröffnen sich für Milei neue politische Spielräume.