Die Besatzung der „Sea-Watch 5“ hat 51 Gerettete und den Leichnam eines 17-Jährigen in Italien an Land gebracht. Nach mehrfachem Drängen hätten die Behörden dem Rettungsschiff in der Nacht auf Freitag erlaubt, den Hafen von Pozzallo anzusteuern, erklärte die gleichnamige Organisation. Der Junge war nach der Rettung der Geflüchteten am Mittwoch aus einem überfüllten Holzboot an Bord der „Sea-Watch 5“ gestorben. Davor hatte die Besatzung erfolglos mehrfach bei den Küstenstaaten Italien, Malta und Tunesien um eine Evakuierung des 17-Jährigen und weiteren Geretteten in kritischem Zustand gebeten.
Nach dem Tod des Jungen hatte die italienische Küstenwache vier Geflüchtete zur medizinischen Versorgung auf die Insel Lampedusa geflogen. Den Leichnam wollte sie nach Angaben der Organisation jedoch nicht mitnehmen. Für die Anlandung der übrigen 51 Geretteten wiesen die Behörden der Besatzung zunächst den 1.500 Kilometer entfernten Hafen von Ravenna zu.
Bei einer schnellen Evakuierung hätte der Junge womöglich überlebt
Den Helfern zufolge hatten sie den 17-Jährigen und drei weitere Gerettete bewusstlos unter Deck des Holzbootes entdeckt, wo sie nach Aussagen Überlebender ungefähr zehn Stunden Sauerstoffmangel und Benzindämpfen ausgesetzt gewesen seien. An Bord der „Sea-Watch 5“ habe der 17-Jährige einen Herzstillstand erlitten und sei zunächst wiederbelebt, später jedoch vom medizinischen Personal für tot erklärt worden. Bei einer schnellen Evakuierung hätte er laut Sea-Watch womöglich überlebt.
Letzte Nacht konnten wir nach Drängen und Warten in Pozzallo einlaufen, wo 51 Überlebende und der Leichnam des 17-Jährigen Jungen von Bord der #SeaWatch5 gebracht wurden. Wir sind in Gedanken bei ihm und seinen Angehörigen, und umarmen jene, die heute ein neues Leben beginnen. pic.twitter.com/YXaHQJP2SA
— Sea-Watch (@seawatchcrew) March 8, 2024
Die Organisation will nun rechtliche Schritte prüfen. Doch die Wahrscheinlichkeit, dass jemand haftbar gemacht werde, sei sehr gering, weil sich laut Sprecher Oliver Kulikowski die Verantwortlichen der Mittelmeeranrainer die Verantwortung gegenseitig zuschieben.
Verstoße gegen internationales Recht?
Derweil steuerte die „Sea-Eye 4“ nach der Rettung von 84 Menschen aus einem überfüllten Schlauchboot in Richtung des knapp 1.500 Kilometer von der Rettungsstelle entfernten Hafens von Ancona, der der Besatzung zugewiesen wurde. Während des Einsatzes habe die libysche Küstenwache mit „super aggressivem“ Verhalten und Drohung mit Waffen interveniert, erklärte die Organisation Sea-Eye.
Der Besatzung der „Geo Barents“ von „Ärzte ohne Grenzen“ wiesen die Behörden unterdessen zwei Häfen für die Anlandung der 261 Geretteten zu: Civitavecchia und Genua. Diese Entscheidung sei nicht zu verstehen und verlängere für die Menschen unnötig die Zeit an Bord, erklärte die Organisation. Das verstoße gegen internationales Recht.