Um einer Klimakatastrophe zu entgehen, müssen wir pro Jahr mindestens 23 Milliarden Tonnen CO2 aus der Atmosphäre ziehen. Eine ARD-Dokumentation zeigt eine helfende und natürliche Kraftquelle.
Viel wird in TV-Reportagen und -Dokumentationen über die weltweiten Klimaveränderungen berichtet – und über die Probleme, die damit für Mensch und Natur verbunden sind. Oftmals geschieht dies aber, ohne Lösungen anzubieten und Zuversicht zu geben. Hier ist es anders: 90 Minuten lang zeigt die vom Norddeutschen Rundfunk (NDR) co-produzierte Dokumentation “Blue Carbon – Die Superkraft der Natur” am 27. November ab 23.35 Uhr eine natürliche Möglichkeit der Klimarettung.
Blue Carbon – Blauer Kohlenstoff – ist eine vor noch nicht allzu langer Zeit entdeckte natürliche Substanz mit großem Potenzial. Eigentlich ist sie – wie im Film in den knochigen Mangrovenwäldern der südfranzösischen Camargue zu sehen ist – von Natur aus braun. Sie wird aber als blau bezeichnet, weil der Prozess ihrer Entstehung und Speicherung unter Wasser stattfindet: Das erklärt im Film der Ökologe und Mangroven-Experte Andre Rovai.
Klimarelevant wird Blauer Kohlenstoff, wenn er wie in komplexen Küsten-Ökosystemen vermehrt vorkommt. Diese säumen derzeit noch die Kontinente: mit Salzwiesen, immergrünen und salztoleranten Mangroven oder Seegraswäldern. Diese gelten als Blue-Carbon-Systeme. Lange waren sie als stinkende Sümpfe unbeliebt, wurden entsprechend wenig wertgeschätzt – und zerstört. In den vergangenen 50 Jahren wurden deshalb rund ein Drittel aller Blauer-Kohlenstoff-Ökosysteme trockengelegt, versiegelt oder verschmutzt.
Dabei können diese Küstengebiete Kohlenstoff aus der Atmosphäre binden und langfristig speichern. Das belegen wissenschaftliche Studien der vergangenen Jahre. Doch die Zeit drängt, wie die Dokumentation vorrechnet: Um eine Klimakatastrophe zu verhindern, müssen bis 2030 jährlich mindestens 23 Milliarden Tonnen CO2 aus der Atmosphäre gezogen werden. Geschützte und wiederhergestellte Blue-Carbon-Systeme können dabei helfen. Denn sie können auf natürlichem Weg fünf Prozent davon einlagern. Im Kampf gegen den Klimawandel hat die Menschheit damit den Blauen Kohlenstoff als neuen Verbündeten.
“Wir müssen nur pflanzen und schützen, den Rest erledigt die Natur”, sagt Jayda Guy. Die kanadische Musikerin hat zehn Jahre als Biologin gearbeitet. Guy führt durch die Dokumentation – ein Glücksgriff, findet Barbara Biemann, Leiterin der Abteilung Dokumentarfilm beim NDR und zuständig für internationale Co-Produktionen. Die optimistische und positive Herangehensweise habe Biemann sofort fasziniert. Der Film sei keine trockene Wissenschaft-Doku; vielmehr gebe es mit Guy eine enthusiastische Protagonistin – als Wissenschaftlerin und erfolgreiche Musikerin. In der Brust von Jayda Guy wohnten zwei Seelen, “und das gibt es nicht so oft”, sagt Biemann.
Natur und Musik sind die Elemente von Guy. Schon ihr erster Hit “Orca’s Reprise” verbindet beides: Walgesänge und Dance-Beats. Für die aufwendig produzierte Dokumentation von US-Filmemacher Nicolas Brown bereiste die 34-Jährige Amerika, Senegal, Vietnam, Frankreich, Kolumbien und Brasilien. Zusammengetragen wurden starke Bilder und mit einem speziellen Hydro-Phone eingefangene Tonaufnahmen, beispielsweise in Florida von fressenden Seekühen in Seegraswäldern.