Babyfläschchen mit Totenköpfen – größer könnte der Kontrast kaum sein. Soll das Protest sein? Ironie? Oder Sarkasmus? Vielleicht haben sich darüber bislang nur wenige modebewusste Mütter beim Füttern ihrer Neugeborenen Gedanken gemacht. Skelette und Totenschädel sind allgegenwärtig, auf T-Shirts, Taschen, Babyschuhen – aber ist es auch der Tod? Oder woher rührt dieser Trend? Damit beschäftigt sich die Ausstellung „Buy now, die later“ im Museum für Sepulkralkultur in Kassel.
Schon rund 15 Jahre hält der Trend an
Eigentlich ist es merkwürdig: Einerseits wollen die meisten Menschen nichts mit dem Tod zu tun haben, schieben den Gedanken an den eigenen so weit wie möglich weg. Andererseits schmücken sich diverse Menschen damit. Auf Shirt, Pullover, als Tattoo auf der Haut. „Schon seit Anfang der 2000er Jahre sind Todesmotive in der Modewelt extrem beliebt“, sagt Kuratorin Ulrike Neurath.
Angefangen von Designer Alexander McQueen, der einst in London in schwarze Gewänder gehüllte Models mit goldenem Skelettprint über den Laufsteg schickte – inspiriert von der Gothic-Szene, die in den Achtzigern mit dem Schönheitsideal der Untoten zu provozieren versuchte. Ihm folgten andere Größen: John Galliano und Karl Lagerfeld ließen Leichenkutschen über den Catwalk ziehen, von gespenstisch weiß geschminkten Models mit rot unterlaufenen Augenhöhlen. Gucci und Dior ließen edle Schmuckstücke mit Totenköpfen verzieren. Längst ist der Trend auch im unteren Preissektor angekommen.
„Man kann ganze Kinderzimmer mit Totenkopf-Accessoires ausstatten“, sagt Gerold Eppler, stellvertretender Direktor des Museums. Das haben sie für eine andere Ausstellung 2008 sogar schon gemacht. Es gibt kaum ein Kleidungsstück, das noch nicht mit Todesmotiven bedruckt und verkauft wurde: Strampelanzüge, Sporthosen, Unterwäsche. Aber ob diese Allgegenwärtigkeit eine Art Endlichkeitsbewusstsein erzeugt? Eppler denkt das nicht. Aber die Schau soll dazu anregen, sich Gedanken zu machen: Verdrängen wir den Tod? Banalisieren oder ignorieren wir ihn, oder ist er dadurch doch präsenter?
Motive definieren verschiedene Gruppen
Früher war er das. In früheren Jahrhunderten lösten Totenköpfe Angst und Schrecken bei Menschen aus – ob sie lesen und schreiben konnten oder nicht. Es galt das christliche Dogma von „memento mori“, sich des eigenen Todes also stets bewusst zu sein. Daran wurde nicht nur in Gottesdiensten erinnert, auch Alltagsgegenstände mit Vergänglichkeitssymbolen sollten den Tod ins Bewusstsein rufen. Später nutzte das Militär Totenkopfmotive: Im Ersten Weltkrieg als Verbandszeichen der Sturmtruppen, in der NS-Zeit übernahmen es die SS-Wachtruppen der Konzentrationslager.
Dass die Motive auch heute noch die Funktion haben, Gruppen zu definieren, zeigt die Ausstellung ganz praktisch. Es gibt, wie in einem richtigen Kaufhaus, eine Abteilung für Kinder, eine für Sport und eine für Bademoden. Die Ausstellungsstücke haben Kuratorin Neurath und ihr Team eingekauft. Nur bei den großen Designern war das schwierig. „Unser Budget gab nicht mehr her als ein Hemd und eine Hose von Alexander McQueen“, sagt Neurath.
Außerdem hätten sie gerne die Mode von Rockern gezeigt, die sich auch der Todessymbolik bedienen. Sie verehren ihre Kutten aber so sehr, dass sie sie für kein Geld der Welt herausgeben. Stattdessen haben sich die Macher der Ausstellung zusätzlich zu den gekauften Waren eine eigene Kollektion entwerfen lassen, die Besucher neben älteren Second-Hand-Stücken am Ende der Schau auch kaufen können. Wenn sie das dann noch wollen.