Seit Corona fühlen sich vermehrt junge Menschen einsam und allein. Aber auch Frauen, Alleinerziehende und Menschen ohne Arbeit leiden laut dem ersten Einsamkeitsbarometer verstärkt unter fehlenden sozialen Kontakten.
Gemeinsam gegen Einsamkeit. Unter diesem Motto will Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) das Thema Einsamkeit aus der Tabuzone herausholen. Denn diese trifft seit der Corona-Pandemie verstärkt junge Menschen. Das geht aus dem am Donnerstag vorgestellten ersten Einsamkeitsbarometer hervor. Fühlten sich seit 1992 tendenziell weniger Menschen durch Einsamkeit belastet, sprang das Empfinden mit Corona sprunghaft an – besonders stark in der Gruppe der 18- bis 29-Jährigen.
“Einsamkeit ist keine Frage des Alters”, bekräftigte Paus. Daher brauche es verstärkt und gezielt Maßnahmen gegen Einsamkeit in allen Altersgruppe, vor Ort und im Netz. Ein Baustein soll die geplante Aktionswoche “Gemeinsam aus der Einsamkeit” sein, die vom 17. bis 23. Juni bundesweit stattfindet. “Welcher junge Mensch gibt schon gerne zu, dass er sich einsam fühlt”, so Paus.
Sie selbst kenne Einsamkeit auch ganz persönlich, fügte die Ministerin nach der Vorstellung des Barometers bei Welt TV hinzu: “Ich bin alleinerziehend. Und da gab es schon Phasen, wo ich tatsächlich viel gearbeitet hatte und dann eben die Restzeit natürlich meinem Sohn widmen wollte. Und dann bleibt eben nicht mehr viel Zeit für sonstige private Kontakte.”
Insgesamt hat die Pandemie laut Barometer das Einsamkeitsgefühl in der deutschen Bevölkerung ab 18 Jahren deutlich nach oben getrieben. Im ersten Pandemiejahr 2020 sei der Anteil der sich mehr als manchmal einsam fühlenden Menschen sprunghaft auf über 28 Prozent gestiegen, bei den unter 29-Jährigen auf nahezu 32 Prozent. 2021 sei der Wert im Schnitt aller Altersgruppen aber wieder auf rund 11 Prozent gesunken.
Das Vor-Pandemie-Niveau sei mit Blick auf die vorliegenden Daten bei den jungen Erwachsenen anders als bei den Senioren noch nicht wieder erreicht, erklärte Benjamin Landes, Direktor des Instituts für Sozialarbeit und Sozialpädagogik. Ob sich in den vergangenen zwei Jahren das Bild verändert habe, werde aus den kommenden Barometern hervorgehen. Künftig soll jedes Jahr ein Einsamkeitsbarometer veröffentlicht werden.
Stärker von Einsamkeit betroffen sind laut der Erhebung Frauen, Alleinerziehende und Menschen, die Angehörige pflegen, Arbeitslose sowie Menschen mit Migrations- oder Fluchterfahrungen. Auch chronisch Kranke und Menschen mit Behinderung seien gefährdet, unter Einsamkeit zu leiden, sagte Landes.
Dabei wirke sich Einsamkeit negativ auf die physische und psychische Gesundheit aus. Und mit erhöhter Einsamkeitsbelastung sinke auch das Vertrauen in politische Institutionen. Was dagegen vor Einsamkeit schütze, seien ein Netz an engen sozialen Bindungen – innerhalb der Familie oder mit Freunden, ein hohes Bildungsniveau, Sport und gesellschaftliche Teilhabe.