Knapp 2,2 Millionen Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren waren im vergangenen Jahr in Deutschland armutsgefährdet. Das entspricht einer Armutsgefährdungsquote von 14,8 Prozent, wie das Statistische Bundesamt in Wiesbaden mitteilte. Je niedriger die Bildung der Eltern, desto höher sei die Wahrscheinlichkeit, dass Kinder von Armut bedroht sind. Der Paritätische Wohlfahrtsverband wirft der Bundesbehörde vor, die soziale Lage zu beschönigen.
Die Armutsgefährdungsquote von unter 18-Jährigen, deren Eltern über einen niedrigen Bildungsabschluss wie etwa einen Haupt- oder Realschulabschluss ohne beruflichen Abschluss verfügten, lag laut Bundesamt 2022 in Deutschland bei 37,6 Prozent. Unter Kindern und Jugendlichen von Eltern mit einem mittleren Bildungsabschluss seien 14,5 Prozent armutsgefährdet gewesen. Zu den mittleren Bildungsabschlüssen zählen eine abgeschlossene Berufsausbildung und das Abitur. Hatten die Eltern einen höheren Bildungsabschluss wie etwa einen Meistertitel oder ein abgeschlossenes Studium als höchsten Abschluss, waren 6,7 Prozent der Kinder und Jugendlichen von Armut bedroht.
Armut hat finanzielle und sozialen Faktoren
Der zugrundeliegenden Definition zufolge gilt als armutsgefährdet, wer über weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens der Gesamtbevölkerung verfügt. 2022 lag dieser Wert für eine alleinlebende Person in Deutschland bei 1.250 Euro netto im Monat, für zwei Erwachsene mit zwei Kindern unter 14 Jahren waren es 2.625 Euro.
Armut sei ein mehrdimensionales Phänomen und könne sich nicht nur in finanziellen, sondern auch in sozialen Faktoren niederschlagen, stellte das Statistische Bundesamt heraus. 2022 sei fast jeder vierte (24 Prozent) unter 18-Jährige in Deutschland von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht gewesen. Armut oder soziale Ausgrenzung seien bei einer Person dann gegeben, wenn mindestens eine von drei Bedingungen zutrifft: Ihr verfügbares Einkommen liegt unter der Armutsgefährdungsgrenze, ihr Haushalt ist von erheblicher materieller und sozialer Entbehrung betroffen oder sie lebt in einem Haushalt mit sehr geringer Beteiligung am Arbeitsleben.
Paritätische: Kritik am Begriff Armutsgefährdung
Der Paritätische Wohlfahrtsverband kritisiert den Begriff der Armutsgefährdung. „Er ist aus unserer Sicht grundsätzlich eine Beschönigung der Situation der Betroffenen“, sagte Joachim Rock, Leiter der Abteilung Sozial- und Europapolitik des Verbandes, dem Evangelischen Pressedienst (epd). Wer weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens der Gesamtbevölkerung zur Verfügung habe, „hat nicht nur ein abstraktes Armutsrisiko, sondern ist schlicht von Armut betroffen“. Zudem seien die Schwellen, bei denen das „Armutsrisiko“ statistisch beginne, immer die Höchstgrenze für die Erfassung. „Die Betroffenen haben regelmäßig ein viel geringeres Einkommen“, betonte der Sozialexperte.