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Migrationsforscherin: Geflüchteten Aufstiegschancen bieten

Die meisten Flüchtlinge in Deutschland wollen arbeiten, sagt die Migrationsforscherin Judith Kohlenberger. Allerdings müssten dafür auch die richtigen Voraussetzungen geschaffen und Ungleichheiten beseitigt werden.

Geflüchtete könnten nach Ansicht von Migrationsforscherin Judith Kohlenberger viel schneller in den Arbeitsmarkt integriert werden. “Wichtig wären Aufstiegsmöglichkeiten sowie weitere qualifizierende Maßnahmen für diese Menschen. Das klappt am besten, wenn der Einstiegsjob schon in der passenden Branche vermittelt wird”, sagte die Wiener Wissenschaftlerin am Freitag der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Ebenso müsse das Anerkennungsverfahren für ausländische Berufsabschlüsse und Qualifikationen ausgeweitet werden.

Die meisten Geflüchteten seien nach ihrer Erfahrung durchaus arbeitswillig und schätzten es positiv ein, nach Ausbildung und Qualifikationen befragt und eingesetzt zu werden, so Kohlenberger. “Es stärkt ihre Selbstwahrnehmung als ‘vollwertige Menschen’ die etwas nützliches beitragen können.” Allerdings könne die Erwartung der Geflüchteten an ihren Job teilweise höher liegen als die ihnen am Arbeitsmarkt eingeräumten Möglichkeiten – insbesondere dann, wenn die Menschen aus ihrer Heimat schon Ausbildung und Arbeitserfahrung mitbrächten. “Die Einstiegsjobs entsprechen dann nicht ihrem Anspruch, den sie aus Ausbildung und bisheriger Tätigkeit haben. Deshalb ist es manchmal leichter, afghanische Flüchtlinge ohne höhere Bildung in einen Job zu vermitteln als Syrer mit Bildungsabschluss.”

Gleichzeitig warnte Kohlenberger davor, die öffentliche Diskussion auf den Punkt Arbeit zu reduzieren. “Wenn nur auf das Humankapital und die Verwertbarkeit für den Arbeitsmarkt geschaut wird, besteht die Gefahr, dass jene Geflüchtete durch das Raster fallen, die dem Arbeitsmarkt noch nicht oder nie zur Verfügung stehen werden. Das sind alte Menschen, aber genauso auch Kinder und Jugendliche.”

Die Migrationsforscherin kritisierte zugleich, dass nicht für alle Flüchtlinge die gleichen Voraussetzungen auf dem Arbeitsmarkt herrschten. So könnten Ukrainerinnen und Ukrainer nach ihrer Ankunft schneller eine Arbeit beginnen, da sie keine langwierigen Asylverfahren durchlaufen müssen. Diese Ungleichheit und die teilweise lange Wartezeit auf Asylbescheide senke bei vielen Geflüchteten die Motivation, so Kohlenberger. “Ich würde dafür plädieren, den teilweise höheren Standard für ukrainische Geflüchtete nicht zu senken, sondern ihn vielmehr auf alle Geflüchteten anzuwenden.”