Von Helmut Ruppel
Engelbedürftigkeit und Heiligenschweigen – blicken wir auf den Engel und Heiligen Michael, so fällt auf: Von Engeln sprechen, singen und erzählen viele, von Heiligen niemand. „Der Herr hat seinen Engeln befohlen, dass sie dich behüten auf allen deinen Wegen“ (Psalm 91,11) ist der beliebteste Tauf- und Konfirmationsvers seit Jahren. Zum Glück ist der „GAU“, der größte anzunehmende Unterhaltungsspruch, „Alles gut“ noch nicht im Gottesdienst angekommen, Ton und Klang zufolge steht er vor der Tür.Es gibt eine tiefe Sehnsucht nach Beruhigung, Stärkung, Zuwendung, auch Berührung, sprachlich umarmendem Zuspruch. Unnachahmlich im protestantischen Beruhigungssong schlechthin von Dietrich Bonhoeffer „Von guten Mächten treu und still umgeben“ – sieben Verse Verlangen nach Erlösung. Die Frau an der Aldi-Kasse sagt: „Alles gut“ – eine nichtreligiöse Meisterleistung. „Lass deine Engel um uns sein“, singt das Michaelis-Lied EG 142,5 im Ein-Klang mit den Psalmen und Bonhoeffer. Engelbedürftigkeit – der Gegenwart Gottes bedürftig sein! Die Kirchenbedürftigkeit scheint abzunehmen, die Gottesbedürftigkeit zuzunehmen. Michael, hebräisch: „Wer ist wie Gott?“, ist ein trotzig-bekennendes Widerwort in einer Welt voller angemaßter Gottgleicher, die uns peinigen. Michael – ein Heiliger des Widerstands, der Drachen und Dämonen besiegt, von denen es viele gibt. Michael – von den Heiligen Widerstand, von den Engeln Ergebung.