In mehreren Großrazzien hatte Israels Militär im Frühjahr Tausende palästinensische Flüchtlinge innerhalb der besetzten Gebiete vertrieben. Laut Human Rights Watch ein Verstoß gegen die Genfer Konventionen.
Mit der Vertreibung von Zivilisten im Westjordanland begeht Israel nach Ansicht von Human Rights Watch Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Eine am Donnerstag in Jerusalem veröffentlichte Recherche der Menschenrechtsorganisation dokumentiert die zwangsweise Vertreibung von 32.000 Palästinensern aus drei Flüchtlingscamps in Dschenin, Tulkarem und Nur Shams im Rahmen einer Militäroperation im Januar und Februar. Das Vorgehen verstoße klar gegen die Genfer Konventionen, die den Schutz der Bevölkerung in besetzten Gebieten regeln, hieß es.
Im Schatten des Gazakriegs habe Israels Armee im Westjordanland Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und ethnische Säuberungen verübt, erklärte Nadia Hardman, Expertin für die Rechte von Flüchtlingen und Migranten bei Human Rights Watch. Die Taten müssten aufgeklärt und strafrechtlich verfolgt werden.
Human Rights Watch stützt sich auf Analysen von Satellitenbildern, verifizierte Foto- und Videoaufnahmen, Zerstörungsanordnungen des israelischen Militärs und Aussagen von 31 Bewohnern der betroffenen Camps. Demnach stürmten die Streitkräfte das Flüchtlingslager Dschenin am 21. Januar mit Kampfhubschraubern, Drohnen, Bulldozern, gepanzerten Fahrzeugen und Hunderten Soldaten. Ähnlich ging das Militär laut den Angaben am 27. Januar in Tulkarem und am 9. Februar in Nur Shams vor.
Der Recherche zufolge stellte Israel für die Vertriebenen keine Unterkünfte oder humanitäre Hilfe zur Verfügung und verwehrte eine Rückkehr. Mehr als 850 Häuser seien zerstört oder schwer beschädigt worden, hieß es. Israels Finanzminister Bezalel Smotrich hatte im Februar Einwohnern des besetzten Westjordanlands angedroht, im Fall einer Unterstützung der Terrororganisation Hamas ihre Städte in “unbewohnbare Ruinen” zu verwandeln und sie zur Auswanderung zu zwingen.
Vor einer Woche hatte auch das UN-Menschenrechtsbüro in Genf Israel wegen der Vertreibungen im Westjordanland Kriegsverbrechen vorgeworfen.