Die Bundesregierung dürfe sich von den neuen Machthabern in Syrien “nicht täuschen lassen”, mahnen Menschenrechtler. Aktuell verschlechtere sich die Lage von Frauen und insbesondere von Christen.
Nach Einschätzung der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) verschlechtert sich in Syrien aktuell die Lage von Frauen und insbesondere der christlichen Minderheit. “Die Islamisierung des Landes schreitet weiter voran”, erklärte die Menschenrechtsorganisation am Donnerstag in Frankfurt.
Derzeit würden täglich rund 2.000 Christen und andere Minderheiten im Norden Syriens aus Angst vor islamistisch motivierten Übergriffen in von Kurden dominierte Gebiete fliehen, hieß es. Es gebe Kirchen, die “zugemauert oder verwüstet” würden.
Das Schulsystem sei bereits auf die strikte Befolgung islamistischer Regeln umgestellt worden, berichtet die Gesellschaft für Menschenrechte. Mädchen, auch Angehörige nicht-islamischer Minderheiten, müssten nun in der Schule ein Kopftuch tragen.
“Die internationale Gemeinschaft darf sich von der neuen Regierung in Syrien nicht täuschen lassen. Zwar zeigt sie nach außen noch ein friedliches Gesicht, aber man darf nicht vergessen, dass sie aus bewaffneten islamistisch-dschihadistischen Rebellen hervorgegangen ist, die für ihre Beziehungen zu Al-Qaida und ihre barbarischen Aktionen bekannt sind”, erklärte der IGFM-Vorsitzende Edgar Lamm.
Er gehe zwar nicht davon aus, dass es Massaker gebe. “Aber ich befürchte, dass es einen schleichenden Prozess geben wird, in dem radikale Islamisten syrische Minderheiten verfolgen und ermorden”, so Lamm. Bei ihren Besuchen müssten deutsche Regierungsmitglieder auf die Achtung der Menschenrechte – und besonders auf die der Frauen – hinweisen, betonte er anlässlich des Besuchs von Entwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) in Damaskus.
Dass der aktuelle Machthaber Ahmed al-Scharaa dem französischen Außenminister Jean-Noël Barrot beim Besuch in Syrien die Hand reichte, nicht aber der deutschen Außenministerin Annalena Baerbock, sei nicht nur ein politischer Affront. “Es ist klares Indiz dafür, dass die neuen Machthaber nicht bereit sind, ihre islamistische Sicht in Bezug auf die Frau hinter sich zu lassen”, so Lamm.
Die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte stehe in Aleppo in engem Kontakt mit dem Arzt Nabil Antaki von den “Blauen Maristen”, einer Gruppe von Ordensbrüdern und Laien, die Menschen vor Ort helfen. Antaki berichte, dass in Aleppo christliche Frauen aufgefordert würden, den Hidschab zu tragen. Er befürchte, bald in einem Staat zu leben, in dem “die Scharia Quelle der Gesetze” sei.