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Menschenrechtler fordern Aufklärung von Schiffbruch vor Griechenland

Ein halbes Jahr nach dem Untergang eines Flüchtlingsbootes vor Griechenland mit mehr als 600 Toten bemängeln Menschenrechtsorganisationen die noch immer ausstehende Aufklärung. Die Hintergründe des Schiffbruchs, bei dem nur etwa 100 von schätzungsweise 750 Flüchtlingen und Migranten an Bord überlebten, müssten dringend offengelegt werden, forderten Amnesty International und Human Rights Watch am Donnerstag bei der Veröffentlichung eines gemeinsamen Berichts zu dem Unglück.

Eine lange Liste von Versäumnissen Griechenlands bei der Untersuchung von Schiffbrüchen und weit verbreitete Straflosigkeit für Menschenrechtsverletzungen an den Grenzen gäben Anlass zur Sorge, ob die für den Schiffbruch Verantwortlichen wirklich zur Rechenschaft gezogen würden, erklärte Sophie Scheytt, Expertin für Asylpolitik bei Amnesty International in Deutschland. Der Schiffbruch vor Pylos sei „kein Einzelfall, sondern ein Beispiel für systematische Menschenrechtsverletzungen“ durch griechische Behörden und die EU-Grenzschutzbehörde Frontex.

Ihre neue Analyse zeige, dass die griechische Küstenwache verspätet und zu zögerlich Rettungsmaßnahmen eingeleitet habe, obwohl sie von der Notlage an Bord des Fischkutters „Adriana“ gewusst habe, erklärten die Menschenrechtler. Griechische und europäische Behörden müssen Konsequenzen ziehen, um solche Todesfälle auf See zu vermeiden. „Um den Überlebenden und den Familien der Opfer Wahrheit und Gerechtigkeit widerfahren zu lassen und derartige Todesfälle in Zukunft zu verhindern, braucht es eine vollständige Aufklärung des Geschehens“, betonte Judith Sunderland, stellvertretende Direktorin der Abteilung Europa und Zentralasien bei Human Rights Watch.

Die überladene „Adriana“ war am 14. Juni vor der griechischen Küste in Seenot geraten und gesunken. Nach Schätzungen waren bis zu 750 Flüchtlinge und Migranten an Bord. Nur 104 Menschen konnten gerettet werden.