Die registrierten Fälle von Hassgewalt gegen Menschen wegen ihrer sexuellen Orientierung sind im vergangenen Jahr in Deutschland wieder gestiegen. Nach Auskunft der Bundesregierung wurden 1.005 Straftaten registriert, darunter 227 Gewaltdelikte. Im Jahr zuvor waren es 870 registrierte Fälle, wie aus einer am Mittwoch in Berlin veröffentlichten Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linksfraktion hervorgeht. Im neu aufgenommenen Themenfeld “geschlechtliche Diversität” wurden 417 Straftaten erfasst, darunter 82 Gewaltdelikte gegen LSBTIQ+-Menschen.
Die Abkürzung LSBTIQ+ steht vor allem für nicht-heterosexuelle Menschen, die sich etwa als lesbisch, schwul oder queer identifizieren. Varianten existieren mit englischen Abkürzungen wie LGBTQI oder LGBTQIA+. Jeder Buchstabe steht für eine eigene sexuelle Orientierung oder Identität.
Die Bundesregierung geht neben der Zahl der angezeigten und registrierten Fälle von einer hohen Dunkelziffer aus. Sie verweist dabei auf eine Studie zu den Alltags- und Diskriminierungserfahrungen von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, trans- und intergeschlechtlichen sowie queeren Menschen, die die EU-Grundrechteagentur im Jahr 2020 veröffentlichte. Demnach ging nur etwa jeder Achte der Befragten zur Polizei, um einen körperlichen Angriff oder sexualisierte Gewalt anzuzeigen.
Mit dem im vergangenen November verabschiedeten “Aktionsplan Queer leben” wolle die Bundesregierung die Rechte und Akzeptanz von LSBTIQ+-Menschen fördern, teilte sie weiter mit. Das Thema Sicherheit sei eines von sechs Handlungsfeldern in diesem Bereich. Eine Arbeitsgruppe beschäftige sich ausdrücklich mit dem Gewaltschutz. Der Studie der EU-Grundrechteagentur zufolge gab jeder vierte Befragte in Deutschland an, aus Angst vor Gewalterfahrung bestimmte Orte und Plätze zu meiden. Etwa die Hälfte verzichtet darauf, mit dem Partner oder der Partnerin in der Öffentlichkeit Händchen zu halten.
Der Bundestag hat im Juni das Sanktionsrecht verschärft. Geschlechtsspezifische und gegen die sexuelle Orientierung gerichtete Tatmotive wurden dabei in die Strafgesetze zur Hasskriminalität aufgenommen. Das solle bei Ermittlungs- und Strafverfolgungsbehörden die Sensibilität für solche Taten erhöhen, so die Bundesregierung. Auch in Gerichtsverfahren könne LSBTIQ+-Feindlichkeit besser geahndet werden.