Mit einem bundesweit einmaligen Pilotprojekt möchten das Institut für Allgemeinmedizin und Interprofessionelle Versorgung und das Institute for Medical Education der Medizinischen Fakultät Tübingen einen blinden Fleck im Medizinstudium füllen. Damit Studierende die allgemeinmedizinische Ganzkörperuntersuchung von Patienten mit körperlicher Beeinträchtigung erlernen, hätten sich beide Einrichtungen mit dem Theater Reutlingen „Die Tonne“ zusammengetan, teilte das Universitätsklinikum Tübingen mit.
Die Rolle der Patientinnen und Patienten übernähmen Theaterdarsteller, die selbst eine körperliche Behinderung haben, hieß es. Laut Mitteilung lebten 2022 allein 7,8 Millionen schwerbehinderte Menschen in Deutschland, also Menschen mit einem Behinderungsgrad von mindestens 50 Prozent. In der Ausbildung kämen angehende Mediziner mit ihnen bislang jedoch kaum in Berührung.
„Ziel des Kurses ist es, Studierenden sowohl einen professionellen und sensiblen Umgang, als auch praktische Fertigkeiten bei der Untersuchung von Menschen mit Behinderung zu vermitteln“, sagte Lisa Mey, Mitinitiatorin des Pilotprojektes, laut Mitteilung. Das sei nicht nur aus medizinischer Sicht sinnvoll und notwendig, sondern trage auch zur Inklusion bei.
Am Theater „Die Tonne“ in Reutlingen existiert seit 2005 eine eigene Theatergruppe für Menschen mit Behinderung. „Wir nehmen das Thema Inklusion ernst und füllen es mit Leben, indem wir für Menschen mit Behinderung künstlerische Arbeitsplätze anbieten“, sagte Intendant Enrico Urbanek. „Den angehenden Ärztinnen und Ärzten während ihres Studiums mit dem Engagement unserer Schauspielerinnen und Schauspieler zu helfen und so vielleicht noch mögliche Berührungsängste abzubauen, ist für uns eine großartige Sache.“ (1567/13.07.2024)