Gunta Stölzl (1897-1983) durfte als einzige Frau am Bauhaus Dessau den Titel “Meister” führen. Das Weben war ihre Hauptdomäne. Nun belegt eine Sammlung aus Familienbesitz ihr malerisches Talent.
Bekannt geworden ist Gunta Stölzl (1897-1983) als Leiterin der Weberei am Bauhaus in Dessau – doch sie war auch Malerin. Davon zeugen 35 Werke der Bauhausmeisterin, welche der Stiftung Bauhaus Dessau nun von einem Enkel Stölzls, Ariel Aloni, übereignet worden sind, wie die Stiftung am Dienstag mitteilte.
Alonis Mutter, Yael Aloni, die aus der ersten Ehe Stölzls mit dem Bauhaus-Architekten Arieh Sharon hervorging, hatte die Werke ihrer Mutter 40 Jahre lang aufbewahrt – dies soll durch den Namen der Sammlung Yael Aloni laut Stiftung gewürdigt werden.
Einen Großteil der Blätter fertigte Gunta Stölzl in den Jahren 1915–1919 an, einige entstanden auf Reisen in ihren Jahren am Bauhaus Dessau 1926–1931, wenige in der Zeit danach. Die Werke zeigen überwiegend Landschaften, Stadtansichten sowie ländliche Szenen. Drei Zeichnungen von Bella Broner, einer Schülerin Gunta Stölzls am Bauhaus Dessau, komplettieren die insgesamt 38 Werke umfassende Sammlung.
Die Schenkung Ariel Alonis ermögliche einen “neuen, tiefgründigen Einblick” in Gunta Stölzls künstlerische Entwicklung, so die Stiftung Bauhaus Dessau. “Sie bezeugt ihr Verständnis von Farbwirkung, Bild- und Formsprache, die in diesen frühen Arbeiten bereits angelegt ist und welche sie meisterhaft in ihren am Bauhaus Dessau entstandenen künstlerischen Webarbeiten in abstrakte Formen transferierte.” Die außerordentlich hohe Qualität ihrer textilen Kunstwerke überzeuge bis heute.
Gunta Stölzl wurde 1897 in München geboren. Sie studierte an der dortigen Kunstgewerbeschule und leistete im Ersten Weltkrieg Dienst als Rotkreuzschwester. 1919 schrieb sie sich am Bauhaus in Weimar ein, wo erste textile Arbeiten entstanden. Ihr handwerkliches Können am Webstuhl und ihr Talent für Vermittlung und Lehre führten nach dem Umzug des Bauhauses nach Dessau zur leitenden Position als Werkmeisterin der Weberei, unter anderem entwickelte sie auch neue Lehrpläne. Diese Stellung ging in die Gesamtleitung der Weberei über. Ab 1927 durfte sie als einzige Frau den Titel “Meister” führen.
1937 wurde Gunta Stölzl auf der Pariser Weltausstellung ausgezeichnet. Ende der 1950er Jahre nahm das MoMA in New York einen ihrer Wandbehänge in seine Sammlung auf, Ende der 1960er Jahre kaufte das Victoria and Albert Museum in London zahlreiche Stoffe von Stölzl an. Bis zu ihrem Tod 1983 setzte sie sich mit Textilien auseinander und realisierte innovative Werke auf höchstem handwerklichem Niveau.