Artikel teilen

Mahnwache nach Messerangriff auf Juden in Zürich

Die Schweiz gilt immer noch als Hort der Toleranz und sicherer Hafen für Minderheiten. Umso mehr schockiert die Attacke auf einen Juden in Zürich. Dort stehen die Menschen nun spontan auf gegen den Hass.

Nach dem Messerangriff auf einen orthodoxen Juden haben sich am Sonntagabend in Zürich mehrere hundert Menschen zu einer Mahnwache versammelt. Unter den Teilnehmern war auch der katholische Churer Bischof Joseph Maria Bonnemain. “Ich bin hier, um meine Solidarität mit allen zum Ausdruck zu bringen, die Antisemitismus verurteilen”, sagte er laut einem Bericht des Portals kath.ch (Montag). Antisemitische Taten dürften nie wieder toleriert werden, weder in Zürich noch sonst irgendwo. Viele Anwesende trugen gelbe Regenschirme als Zeichen gegen Judenhass – zu der Mahnwache aufgerufen hatte die Organisation Yellow Umbrella.

Der Schweizerische Israelitische Gemeindebund (SIG) erklärte am Sonntag, der Anstieg des Antisemitismus habe in den vergangenen Monaten “eine neue erschreckende Eskalationsstufe erreicht”. Es gebe aufgrund von Zeugenaussagen wenig Zweifel, dass der Angriff am Samstagabend antisemitisch motiviert gewesen sei, wie die Organisation am Sonntag mitteilte. Es handle sich um ein “antisemitisches Hassverbrechen”. Noam Hertig, Rabbiner der Israelitischen Cultusgemeinde Zürich, sagte bei der Mahnwache, er habe “vielleicht naiverweise” geglaubt, dass in der Schweiz anders als in Städten wie Paris oder London eine friedliche Koexistenz möglich sei.

Am Samstagabend war ein 50 Jahre alter orthodoxer Jude in der Zürcher Innenstadt mit einem Messer schwer verletzt worden. Schweizer Medienberichten zufolge nahm die Polizei den 15 Jahre alten mutmaßlichen Täter vor Ort fest. Demnach soll es sich um einen Schweizer mit arabischen Wurzeln handeln. Zeugen hätten berichtet, dass er kurz vor der Tat “Allahu Akbar” (arabisch: “Gott ist am größten”) und “Tod allen Juden” gerufen habe. Die Ermittler gehen von einem antisemitischen Tatmotiv aus. Das Opfer wurde in ein Krankenhaus gebracht. Der Mann soll nicht in akuter Lebensgefahr schweben.

Die Stadtpolizei Zürich verstärkte nach Rücksprache mit jüdischen Organisationen am Wochenende vorsorglich die Sicherheitsvorkehrungen rund um Orte mit jüdischem Bezug.

Schockiert reagierte am Sonntagabend auch die Konferenz der Europäischen Rabbiner (CER). Seit dem Terrorangriff der islamistischen Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 gebe es einen “sehr gefährlichen Trend”, die palästinensische Sache als Rechtfertigung für Angriffe auf Juden zu missbrauchen, erklärte CER-Präsident Pinchas Goldschmidt. Die feige Tat mache ihn auch deshalb traurig, weil der mutmaßliche Angreifer ein Jugendlicher sei, so der frühere Oberrabbiner von Moskau.