Der Predigttext des folgenden Sonntags lautet: „Zuletzt, liebe Brüder, freut euch, lasst euch zurechtbringen … Es grüßen euch die Heiligen.“ aus dem 2. Korintherbrief 13, 11-13
Er sah angeschlagen aus. Als ich ihn ansprach, zog er einen zerknitterten Umschlag aus der Tasche seines Kapuzenshirts, den er schon seit Tagen mit sich herumgetragen hatte. Ob ich ihm helfen könnte? Es war das erneute Mahnschrieben eines Telefonanbieters. Wenn er nicht sofort die Rechnung begleiche, würde seine Handynummer gesperrt und sein Fall einem Inkassobüro übergeben. Wir haben eine Lösung gefunden. Doch was mich noch länger beschäftigte, war, dass unter dem Mahnbrief mit seinen drohenden Worten stand „Mit freundlichen Grüßen“.
So mancher quält sich mit ähnlichen Schreiben an ignorante Behörden, nachlässige Handwerker oder nervige Nachbarn. Doch wie unterschreibt man solche Briefe? „Mit freundlichen Grüßen“ – das klingt da sehr ironisch. Lässt man den Gruß weg und unterschreibt einfach?
In solch einem unerfreulichen Briefwechsel stand auch Paulus mit der Christengemeinde im griechischen Korinth. Da lag so manches im Argen, dass der Apostel sich genötigt sah, harsche Worte zu benutzen. Reiche fühlten sich für die Armen nicht zuständig, Gebildete blickten voll Dünkel über Ungebildete hinweg. Paulus sah sein Missionswerk den Bach hinuntergehen. Und so sind seine Schreiben dorthin Mahnbriefe – zur Einheit, zum rechten Christsein. Und wie unterschreibt er?
Zunächst mahnt er zum Frieden. Dann heißt es: „Es grüßen euch alle Heiligen.“ Paulus bleibt ehrlich. Für ihn haben die Korinther noch eine Strecke auf dem Weg zum wahren Christsein vor sich, die andere, „die Heiligen“, schon geschafft haben. Und dann schreibt er den Satz, der oft zum Ende einer Predigt von der Kanzel kommt: „Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen!“ Der aufgebrachte Paulus schließt mit einem Gruß, der anspornen soll, und einem ermunternden, gleich dreifachen Segenswunsch. Ob er Erfolg hatte? Wir wissen es nicht. Aber einen Versuch ist es wert, den nächsten Mahnbrief so zu beenden, dass er als Ansporn zur Besserung verstanden werden kann.
Unser Autor
Pastor Tilman Baier ist Chefredakteur der Evangelischen Zeitung und der Kirchenzeitung MV.
Zum Predigttext des folgenden Sonntags schreiben an dieser Stelle wechselnde Autoren. Einen neuen Text veröffentlichen wir jeden Mittwoch.