Zur 25. Ausgabe des Wiesbadener „goEast“-Festivals legt Leiterin Heleen Gerritsen dar, warum es sich lohnt, Filme aus Mittel- und Osteuropa zu sehen. „Ich denke, dass es für jede Person, die in Europa lebt, wichtig ist, seinen direkten Nachbarn zu kennen“, sagte Gerritsen dem Evangelischen Pressedienst (epd). Das 2001 entstandene „goEast – Festival des mittel- und osteuropäischen Films“ habe von Beginn an eine Aufgabe der Vermittlung zwischen den Kulturen und Ländern gehabt, die „teils direkt an Deutschland grenzen, von denen wir aber immer noch erstaunlich wenig wissen“, sagte Gerritsen: „Filme können uns dabei helfen, verschiedene Prozesse zu verstehen.“
Ein solcher Prozess sei beispielsweise der, der mit dem Zusammenbruch der Sowjetunion begann und sich unter anderem im russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine ausdrücke. Der Beginn der Invasion vor drei Jahren hatte auch Auswirkungen auf das „goEast“, das vorher immer wieder Filme aus Russland im Programm hatte. „Das waren meistens Filme, die sich kritisch mit der Politik und der Realität vor Ort auseinandergesetzt haben. Diese Filme gibt es jetzt kaum noch“, sagte Gerritsen.
Zwar würden russische Filme beim „goEast“ nicht grundsätzlich ausgeschlossen, aber es gebe Kriterien: Etwa, ob der Film staatlich finanziert wurde. „Wir haben in den vergangenen Jahren Filme gezeigt, die zum Beispiel nicht in Russisch, sondern in einer Minderheitssprache gedreht wurden. Da sind auch mit den ukrainischen Filmschaffenden keine Konflikte entstanden“, sagte die Festivalleiterin und erklärte: „Die russischen Filmschaffenden haben es auch nicht leicht, seit 2014 verschlechtert sich die Situation in Russland in Sachen Menschenrechte und Meinungsfreiheit.“
Eine Priorität bei der Filmauswahl liege aber bei der ukrainischen Perspektive, in diesem Jahr vor dem Hintergrund der „erstaunlichen und bewundernswerten Resilienz“ der Ukrainerinnen und Ukrainer. Als Beispiel nannte Gerritsen die Hauptfigur des Films „Everything needs to live“, die Weltmeisterin im Kraftdreikampf und Tierschützerin in der Ostukraine sei. „Und diese Protagonistin hat eine inspirierende Wärme und positive Einstellung trotz der grässlichen Umstände des Krieges“, sagte die Festivalleiterin – „aber es gibt natürlich auch Filme, die schaut man und danach ist man am Boden zerstört“.
Insgesamt, so Gerritsen, biete das Festivalprogramm auch in seiner 25. Ausgabe eine große Bandbreite über Genres und aktuelle wie ältere Filme hinweg. Wer selten Filme aus Mittel- und Osteuropa sieht, entdecke vielleicht „ganz neue Lebenswelten“. Für Heleen Gerritsen ist es nach acht Jahren das letzte „goEast“ in der Rolle der Leiterin, sie wird ab 1. Juli Künstlerische Direktorin in der Deutschen Kinemathek in Berlin.