Der hessischen Landesregierung sind keine Fälle bekannt, bei denen Studierende oder Mitarbeitende einer Hochschule im Land zum Verwenden geschlechtergerechter Sprache (Gendern) mit Sonderzeichen genötigt oder gezwungen wurden. Dies bestätigte der Wissenschafts- und Kunstminister Timon Gremmels (SPD) am Dienstag auf Anfrage der Grünen-Fraktion im Rahmen der Fragestunde während der Plenardebatte im Wiesbadener Landtag.
Lediglich ein Konflikt aus dem Jahr 2021 sei bekannt, zu dem es auch Medienberichte gegeben habe und der Gegenstand eines dringlichen Berichtsantrags im Landtag gewesen sei. „Damals gab es bei der Benotung einer Hausarbeit an der Universität Kassel einen Punktabzug, weil keine geschlechtergerechte Sprache“ verwendet worden sei, sagte Gremmels. Die Universität habe die Zulässigkeit eines solchen Vorgehens rechtlich geprüft.
„Hier wird deutlich, dass in dieser Frage derzeit zumindest eine Rechtsunsicherheit besteht, die potenziell zu Konflikten führen kann“, führte Gremmels aus. Die Landesregierung halte es deshalb für sinnvoll, für alle Beteiligten Klarheit zu schaffen. Die Koalition werde einen Vorschlag erarbeiten, der Rechtssicherheit schafft und gleichzeitig die Wissenschaftsfreiheit gewährleistet.
Laut Koalitionsvertrag wollen CDU und SPD festschreiben, dass „in der öffentlichen Verwaltung sowie weiteren staatlichen und öffentlich-rechtlichen Institutionen (wie Schulen, Universitäten, Rundfunk) auf das Gendern mit Sonderzeichen verzichtet wird“, es solle eine Orientierung am Rat für deutsche Rechtschreibung erfolgen.
Dieser habe mehrfach bekräftigt, dass allen Menschen mit geschlechtergerechter Sprache begegnet werden solle, so Gremmels. Texte müssten unter anderem jedoch verständlich zu lesen sein. „Insbesondere für Blinde und Sehbehinderte muss es die Möglichkeit geben, die wesentlichen Sachverhalte und Kerninformationen sicherzustellen.“ Vor diesem Hintergrund habe der Rat die Verwendung von Sonderzeichen bis auf Weiteres nicht empfohlen, sagte Gremmels. Zudem könne man auch ohne Sonderzeichen geschlechtergerecht schreiben.
Dass auf das Gendern mit Sonderzeichen verzichtet werden solle, sei kein Verbot, betonte Gremmels. Die Koalition werde „in aller Ruhe und Gelassenheit miteinander besprechen und diskutieren“, wie Hinweise zum Gendern seitens der Landesregierung aussehen könnten. Über Sanktionen für Studierende, die bei Prüfungen gendern, habe man nicht gesprochen. „Wir wollen das Reden, das freie Sprechen im Sinne der Wissenschaft ermöglichen“, sagte Gremmels.