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Landesausstellung zeichnet lebendiges Bild vom Bauernkrieg

Wie Gesprächspartner treten Figuren aus der Zeit des Bauernkriegs den Besuchern der Ausstellung „uffrur! Utopie und Widerstand im Bauernkrieg 1524/25“ in Bad Schussenried gegenüber. Gleich zu Beginn der Großen Landesausstellung Baden-Württemberg, die seit Samstag im Kloster Bad Schussenried zu sehen ist, erscheinen auf Bildwänden mit künstlicher Intelligenz entwickelte Protagonisten. Dazu gehören der leibeigene Bauer Stefan Rahl, die Bäuerin Margarete Renner und der Truchsess von Waldburg, der als „Baurnjörg“ die aufständischen Bauernheere in mehreren Schlachten vollständig vernichtete. Sie alle berichten aus ihrer Perspektive über den Bauernkrieg.

Mit diesen Kunstfiguren ging es den Ausstellungsmachern nicht um historische Genauigkeit. Vielmehr wollten sie die Emotionen und Beweggründe dieser Personen darstellen, wie der Kurator Marco Veronesi bei einem Presserundgang vor der Ausstellungseröffnung erläuterte. Vom Bauernkrieg, der im Frühjahr 1525 vor allem in Süddeutschland seinen Höhepunkt fand, gibt aber auch der Ausstellungsort selbst Zeugnis: Ende März 1525 wurde das Kloster in Bad Schussenried (Landkreis Biberach) von aufständischen Bauern eingenommen und geplündert.

Für die Darstellung des Bauernkriegs, seiner Entstehung, seiner Entwicklung und seiner Folgen hat das Kuratorenteam Ingrid-Sibylle Hoffmann und Marco Veronesi über 160 Exponate gesammelt. Sie stammen aus rund 40 Museen, darunter so renommierte Häuser wie das British Museum in London, das Germanische Nationalmuseum in Nürnberg und das Bayerische Nationalmuseum in München.

Die ausgestellten Flugschriften und Dokumente zeigen, wie sich die Wut der damals vollkommen rechtlosen Bauern, die vor allem durch die Leibeigenschaft keine persönlichen Perspektiven hatten, in einem breitflächigen Aufstand entzündete. Sie leiteten ihre Legitimation für den Aufstand aus dem Gleichheitsgedanken der Bibel und der Reformation Martin Luthers ab, die Schlachten endeten für die Bauern verheerend. Zugleich gibt die Ausstellung Einblicke in das bäuerliche Leben zu dieser Zeit, in den Alltag der Bauern und ihre Feste. Sie dokumentiert über die Bekleidung die großen sozialen Unterschiede: Auf der einen Seite der schlicht in graues Leinen gekleidete Bauer, auf der anderen Seite die prachtvollen Hauben und Seidenumhänge reicher Patrizier.

Die Besucher der Ausstellung werden mit allen Sinnen angesprochen und zu eigenen Aktionen animiert: Im Raum zu den militärischen Auseinandersetzungen, der Bilder von Schlachten, Waffen und Kanonen zeigt, können sie Pulverdampf („Schmauch“) riechen. Am Ende der Ausstellung können sie ihre eigene Utopie aufschreiben und ihren jeweiligen Helden oder ihre Heldin aus der Bauernkriegszeit bepunkten.

Die Ausstellung macht auch die Schrecknisse des Bauernkriegs und die brutale Rache der Sieger deutlich, etwa durch die Kunstfigur des Malers Jörg Ratgeb (1480 – 1526), der als Anführer der Bauern fungierte und in Pforzheim von Pferden gevierteilt wurde. Besonders eindringlich führen Knochenfunde diese dunklen Seiten des Bauernkriegs vor Augen. In einem Separee, einer Grabkammer ähnlich, finden sich die Gebeine von Bauern, die in der Schlacht bei Leipheim ums Leben kamen und erst 1994 aus einem Massengrab geborgen wurden. Unter diesen Toten sind auch die Überreste einer Frau, was auf die aktive Rolle von Frauen im Bauernkrieg hinweist.

Am Ende der Ausstellung fasst der Schauspieler Herbert Knaup die Beweggründe der Bauern, ihre Hoffnung und ihr Scheitern in eindringlichen Worten zusammen. Ein eher ernster, dem Thema angemessener Ton zieht sich durch die gesamte Ausstellung. Lediglich gleich zu Beginn an der Kasse haben sich die Ausstellungsmacher einen kleinen Scherz erlaubt: Den Eintrittspreis in die 2,7 Millionen teure Ausstellung haben sie in Anlehnung an das historische Datum auf 15,25 Euro gesetzt. (0960/25.04.2025)