Artikel teilen:

KZ-Überlebender: Menschheit hat nur im Frieden eine Chance

Der polnische Auschwitz-Überlebende Bogdan Bartnikowski sieht im Streben nach Frieden den einzig möglichen Weg für die Zukunft. „Ich habe im Laufe meines Lebens Systeme kommen und fallen sehen. Meine Beobachtung ist: Wenn die Menschheit überhaupt eine Überlebenschance hat, dann nur, wenn sie miteinander in Eintracht und Frieden lebt“, sagte der 93-Jährige im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd).

Bartnikowski war im Alter von zwölf Jahren zusammen mit seiner Mutter in das Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau deportiert worden. Trotz all seiner Erlebnisse sei er heute frei von Hass, auch wenn der Weg zu diesem Empfinden ein langer Prozess gewesen sei: „Man darf den Hass und die Rachegefühle nicht in sich kultivieren, die zerfressen einen von innen.“

Für seine Verdienste um die Verständigung zwischen Polen und Deutschland wurde Bartnikowski kürzlich von der Stadt Wiesbaden mit der Bürgermedaille in Silber geehrt. Der evangelische Verein „Zeichen der Hoffnung“ habe seit 2016 insgesamt 45 Zeitzeugengespräche an Schulen und weiteren Bildungseinrichtungen mit ihm und anderen organisiert, teilte das Evangelische Dekanat Wiesbaden der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau mit.

Die Schülerinnen und Schüler fragten ihn meist zuerst nach dem „warum“, so Bartnikowski: „Sie wollen wissen, wie es dazu kommen konnte, dass ein Kind aus seinem Elternhaus vertrieben wird und sich in dieser Hölle wiederfindet.“ Sein „Vergehen“ aus Sicht der Nationalsozialisten war es, Pole zu sein.

Bartnikowski ist es wichtig, dass die Schüler bei den Zeitzeugengesprächen interessiert sind: „Ich werde sehr detailliert gefragt, wie der Alltag im Konzentrationslager war. Dadurch glaube ich erkennen zu können, dass die Schüler versuchen zu begreifen, was das für eine Zeit war.“ Obwohl die Gespräche „schwierig und auch schmerzhaft sind, mache ich es, weil mich das Interesse der Schüler motiviert und ich es als meine Pflicht erachte“.

Traurig mache ihn, dass einige Politiker die Zeit des Nationalsozialismus relativieren. „Aber es erstaunt mich auch nicht, das ist gang und gäbe“, schilderte Bartnikowski. Menschen, die sich die Geschichte nach ihren Wünschen zurechtbiegen, die sich nicht mit der Wahrheit auseinandersetzen wollen, werde es immer geben. Und auch wenn er mitunter das Gefühl habe, dass die Menschheit seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges nichts gelernt hat, bleibe er bei seiner Überzeugung: „Was wir machen können, ist trotzdem daran zu erinnern, was tatsächlich passiert ist.“