Die wegen eines Missbrauchsverdachts in ihrem Umfeld unter Druck geratene Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Annette Kurschus, will sich am Montag öffentlich äußern. Die 60-jährige Theologin, die auch Präses der Evangelischen Kirche von Westfalen ist, wolle am Vormittag im Landeskirchenamt in Bielefeld vor Journalisten eine persönliche Erklärung abgeben, kündigte die EKD am Freitag in Hannover an.
Am vergangenen Wochenende waren Missbrauchsvorwürfe gegen einen ehemaligen Mitarbeiter des Kirchenkreises Siegen-Wittgenstein öffentlich geworden, in dem Kurschus ab 1993 als Gemeindepfarrerin und Superintendentin tätig war, bevor sie 2012 die erste Frau an die Spitze der westfälischen Kirche wurde. Der Beschuldigte, den Kurschus nach eigenen Angaben sehr gut kennt, soll über Jahre hinweg junge Männer sexuell bedrängt haben. Im Raum steht die Frage, seit wann Kurschus von dem Missbrauchsverdacht weiß. An der Spitze der EKD steht sie seit 2021.
Die „Siegener Zeitung“ berichtete am Mittwoch, die damalige Pfarrerin Kurschus sei Ende der 90er Jahre in einem Gespräch mit mehreren Personen in ihrem Garten über die Vorwürfe sexueller Verfehlungen gegen den Mitarbeiter informiert worden. Zwei Zeugen hätten ihre Darstellungen gegenüber der Zeitung an Eides statt versichert. Kurschus beteuerte dagegen, seinerzeit sei zwar die sexuelle Orientierung des Mannes thematisiert worden, „aber zu keiner Zeit der Tatbestand sexualisierter Gewalt“. Sie wisse erst seit Anfang dieses Jahres durch eine Anzeige von den Missbrauchsvorwürfen.