Die Bischöfin der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck (EKKW), Beate Hofmann, hat bei der Landessynode in Hofgeismar das Thema sexualisierte Gewalt in den Fokus gerückt. Hofmann bezeichnete es zum Auftakt der von Dienstag bis Donnerstag tagenden Synode als „empörend und beschämend, dass Menschen den Raum des Segens missbrauchen für ihre psychischen und sexuellen Machtgelüste“.
Es sei „eine bittere Erkenntnis, wie nahe Segen und sein Missbrauch beieinander liegen“, sagte Hofmann und verwies auf Berichte von Menschen, deren Vertrauen missbraucht und denen Leid zugefügt wurde, das ihr Leben verändert habe. Sie appellierte, die Kirche müsse alles tun, was an Prävention, klarer Intervention und konsequenter Aufarbeitung möglich ist.
Die kurhessische Kirche hat bislang Anerkennungsleistungen an 15 Betroffene sexualisierter Gewalt gezahlt. Insgesamt seien rund 481.000 Euro in unterschiedlicher Höhe bewilligt worden, sagte die Traumatherapeutin Friedegunde Bölt, Mitglied der 2019 eingerichteten Unabhängigen Anerkennungskommission (UAK) der EKKW. Betroffene wünschten sich ein klares Bekenntnis der Kirche zur aktiven Aufklärung und Aufarbeitung. Nach Angaben von Prälat Burkhard zur Nieden hat die EKKW in rund 4.000 Personalakten 40 Fälle von sexualisierter Gewalt gegen Minderjährige und damit 40 Täter ermittelt.
Bischöfin Hofmann ging in ihrem Bericht auf die Sehnsucht der Menschen in diesen unruhigen Zeiten nach Begleitung, Frieden, Geborgenheit und Gottes Segen ein. Dennoch verließen sie die Kirche. Sie könne nach wie vor ein Ort sein, wo diese Sehnsucht gestillt werde. Allerdings veränderten sich die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen rasant, die Kirche habe kein Monopol mehr.
Ihrer Ansicht nach eröffnet sie diesen Segensraum, wenn sie dahin geht, wo sich Menschen gern aufhalten oder wenn sie das Potenzial ungewöhnlicher Orte nutzt. Hofmann warb dafür, Taufen, Konfirmationen, Trauungen und Bestattungen einladend und im engen Austausch mit den Beteiligten zu gestalten.
Die Mitgliederentwicklung stellt sich wenig erfreulich dar: Wie Vizepräsidentin Katharina Apel darlegte, verlor die EKKW 2022 rund 19.000 Mitglieder und in diesem Jahr bereits 15.400 Mitglieder, sodass ihr zum 31. Oktober noch rund 715.000 Menschen angehörten.
Ihre Kirchensteuereinnahmen konnte die EKKW 2022 hingegen um rund 7,7 Millionen Euro (3,7 Prozent) auf rund 212,5 Millionen Euro steigern. Für 2023 rechnet Apel mit einem ähnlichen Kirchensteueraufkommen. Trotzdem müsse erheblich gespart werden. „Unterm Strich“ werde in den nächsten fünf Jahren ein Defizit von rund 24 Millionen Euro entstehen, wenn nicht gegengesteuert werde.
Deutlich wird das am Doppelhaushalt 2024/2025 von rund 609,6 Millionen Euro, den die Synode verabschiedet hat. Wie Apel ausführte, fehlen 6,6 Millionen Euro. Das Defizit könne nur durch einen Rückgriff auf die Kirchensteuer-Schwankungsreserve ausgeglichen werden. Dies habe zur Folge, dass die Reserve zum Haushaltsausgleich von rund 18 Millionen Euro weiter schmelze.
Darüber hinaus haben die Synodalen entschieden, die Zuweisung an die Diakonie Hessen bis 2030 um 30 Prozent zu kürzen, sowie die Besoldungserhöhung des Bundes für Pfarrerinnen und Pfarrer nicht in vollem Umfang zu übernehmen. Durch die beschlossene Einführung eines Bemessungssatzes von 97 Prozent könne der Haushalt um drei Millionen Euro pro Jahr entlastet werden, erläuterte Apel.