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Kuratorin über Fehlerkultur: “Fehler bringen uns zum Umdenken”

Für einen offeneren Umgang mit Störungen, Fehlern und Versagen wirbt die Kunsthistorikerin Franziska Kunze. „Fehler aktivieren uns unglaublich“, sagte die Kuratorin der Ausstellung „Glitch. – Die Kunst der Störung“, die noch bis 8. März in der Münchner Pinakothek der Moderne zu sehen ist. Wer eine Störung beheben wolle, müsse oft „um die Ecke denken, Um-denken“, erklärte die Sammlungsleiterin für Fotografie und Zeitbasierte Medien im epd-Gespräch.

Das Prinzip „Trial and Error“ sei in der Kunstgeschichte immer wichtig gewesen, betonte Kunze. Eine besondere Rolle nehme dabei die Fotografie ein, die als Alltagsmedium lange gebraucht habe, um den Status von „Kunst“ zu erringen. Schon früh habe es Künstlerinnen und Künstler gegeben, die sich bewusst gegen die Regeln der Ratgeberliteratur für das perfekte Foto stellten – aus Neugierde und um die Technik des Fotografierens besser kennenzulernen.

Die Ausstellung „Glitch“ umfasst Werke von 50 internationalen Kunstschaffenden seit den 1950er-Jahren. Der Begriff „Glitch“ bezeichnet das Ergebnis einer technischen Fehlfunktion – ein Grafikfehler in einem Computerspiel, eine verrauschte Tonaufnahme, ein verpixeltes oder fehlbelichtetes Foto.

Durch die monatelange Auseinandersetzung mit dem Thema „Fehler“ habe sich im Ausstellungs-Team etwas verändert, verriet Kunze. „Mir selbst ist noch deutlicher geworden, dass es Perfektion nicht gibt – wer sollte denn auch bestimmen, was perfekt ist?“, erklärte sie. Ohne Fehler könne sich der Mensch nicht weiterentwickeln.

Kunze forderte, viel offener übers Versagen zu reden: „Sonst fangen wir immer wieder bei Null an.“ Statt nur über „best practice“-Beispiele zu sprechen, solle man sich auch über die „worst practice“-Beispiele austauschen. „Dann müssen andere nicht dieselben Fehler wiederholen und erneut scheitern“, sagte die Kuratorin. Große Erfolge seien immer gesäumt von vielen kleinen oder auch größeren Misserfolgen. „Dass etwas nicht funktioniert, ist doch eigentlich der Normalzustand“, unterstrich die Kuratorin.