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Kunst bis zur Selbstaufopferung

Er war ein Künstler, der gern provozierte. Als Asger Jorn im Jahr 1963, auf dem Zenit seiner Bekanntheit, den renommierten Guggenheim-Preis zugesprochen bekam, lehnte er ihn mit den Worten „Geh zur Hölle mit deinem Geld, du Bastard“ ab. Kunst, so meinte er, sei nicht dafür da, bewertet zu werden. Kunst solle vielmehr einen neuen Blick auf die Welt ermöglichen und sie dadurch verändern. Das Museum Peter August Böckstiegel im westfälischen Werther zeigt seit Sonntag in der Ausstellung „Asger Jorn. Den røde jord. Expressionismus und Abstraktion“ mit 75 Werken einen kleinen Ausschnitt seines umfassenden Schaffens.

Ständige Veränderungen waren prägend für das Leben des Künstlers, der 1914 in Vejrum im dänischen Jütland als Asger Oluf Jørgensen geboren wurde und 1945 seinen Namen in Jorn änderte. Nach Ausbildungsjahren in Paris, während derer er in den 1930er Jahren mit dem Surrealismus und der Abstraktion in Berührung kam, kehrte er 1938 nach Dänemark zurück. Unter der deutschen Besatzung von 1940 bis 1945 war er in der Widerstandsbewegung aktiv. Später hatte er Ateliers in Italien, Frankreich und Dänemark und bereiste zahlreiche weitere Länder. 1973 starb er 59-jährig an Lungenkrebs im dänischen Aarhus.

„Er muss, im positiven Sinne, schon ein kleines bisschen irre gewesen sein“, sagt David Riedel, künstlerischer Leiter des Böckstiegel-Museums. Jorn sei sein Leben lang unermüdlich auf der Suche nach neuen Ausdrucksmöglichkeiten gewesen. Sein Ideal war der möglichst spontane, unverfälschte Ausdruck innerer Bilder, wobei ihm etwa Kinderzeichnungen und Volkskunst als Vorbilder dienten.

„Ganz wichtig war ihm, auch das Scheitern als Weg zur Kunst zuzulassen“, erklärt Riedel. „Ohne ein Risiko einzugehen, ohne dem Zufall Raum zu geben, konnte für ihn keine Entwicklung beginnen.“ Diesen Zugang verfolgte Jorn häufig gemeinsam mit anderen Künstlern, etwa ab 1948 in den Künstlergruppen „CoBrA“ oder der 1957 gegründeten „Situationistischen Internationalen“.

Die Ausstellung, die in Werther bis 26. Januar 2025 zu sehen ist, gibt einen Überblick über alle wichtigen Schaffensperioden Jorns – angefangen bei seinen frühen Linolschnitten über die Beschäftigung mit dem Surrealismus bis hin zu immer abstrakteren Formen, in denen jedoch Figürliches immer noch erkennbar bleibt. Seine Bilder sind häufig bevölkert von insekten- oder fischähnlichen Gestalten, deren Gesichter verzerrte menschliche, meist freundliche, manchmal dämonische Züge tragen. Themen sind häufig die Angst vor einem weiteren Krieg sowie die allgegenwärtige Nähe des Todes, die Jorn während einer lebensbedrohlichen Tuberkuloseerkrankung Anfang der 1950er Jahre selbst erlebt hatte.

In seinen Techniken war der Däne äußerst vielseitig. Neben der Ölmalerei und der Druckgrafik beschäftigte er sich phasenweise intensiv mit Keramiken und Handweberei. Ergänzend zu entsprechenden Werken zeigt das Böckstiegel-Museum den Webstuhl, an dem Jorn gearbeitet hat, sowie einen Entwurf zu dem 14 Meter langen Wandteppich „Die lange Reise“, den er 1959 gemeinsam mit dem französischen Künstler Pierre Wemaëre für das Stadtgymnasium in Aarhus schuf.

Auch die Leidenschaft Jorns für die Geschichte Skandinaviens wird in der Ausstellung deutlich. Ab 1961 ließ er über 25.000 Fotos altnordischer Kunstwerke anfertigen, die die Grundlage für sein „Skandinavisches Institut für vergleichenden Vandalismus“ bilden sollten. Den Begriff Vandalismus verstand der Künstler positiv als politische und kulturelle Kreativkraft, die er im nordischen Volkscharakter verortete.

Ein Gemälde aus dem Jahr 1948 mit dem Titel „Automolok“ (zu deutsch: „Selbstaufopferung“) zeigt die Umrisse einer Person, die fast völlig hinter Farbschichten und schwarzen Linien verschwindet. Das könne als Selbstporträt des Künstlers gedeutet werden, sagt Ausstellungskurator Riedel. „Er war wie gefangen in der Kunst und opferte sein ganzes Leben für sie.“ Die Ausstellung schließt mit einem überlieferten Zitat Jorns, das über dem Ausgang angebracht ist: „Wenn man nicht bis zum Äußersten geht, gibt es keinen Grund, loszugehen.“