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Kulturwissenschaftler: Menschen suchen Gewissheit für Tod des Papstes

Wenn im Petersdom in den kommenden Tagen Zehntausende Menschen an dem aufgebahrten Leichnam von Papst Franziskus vorbeiziehen, geht es ihnen nach Einschätzung des Direktors des Museums für Sepulkralkultur in Kassel, Dirk Pörschmann, „zunächst um Ehrerbietung“. Zudem wollten sie sich vergewissern, dass der Papst, den sie geschätzt haben und der viele Jahre lang ihr Leben begleitet hat, tatsächlich tot ist, sagte Pörschmann am Mittwoch dem Evangelischen Pressedienst (epd). Es sei für Menschen nicht wirklich zu verstehen, dass in einem Körper, der noch vor einem liegt, kein Leben mehr ist. Man könne es nur „begreifen“, und dieses Begreifen sei der Beginn der Trauerarbeit.

Wenn Menschen ihre Toten zu Hause aufbahren, hätten sie die Möglichkeit, mit allen Sinnen wahrzunehmen, dass etwa der Vater oder die Mutter gestorben ist. Sie könnten sich Zeit nehmen, um zu begreifen, dass das Leben aus dem Körper gewichen ist.

Das sei etwas anderes als eine öffentliche Aufbahrung, bei der die Menschen nach stundenlangem Anstehen nur einen kurzen Blick auf den Toten werfen können, sagte der Museumsdirektor. Dennoch reiche ihnen die Todesnachricht nicht aus, sie wollten den Leichnam mit eigenen Augen sehen. Für viele, die jetzt den verstorbenen Papst besuchen, werde das eine lebenslange Erinnerung sein, ist Pörschmann überzeugt.

„Ein Ritual des Abschieds ist zentral für uns Menschen“, betonte Pörschmann. Dazu gehöre in allen Kulturen, dass Menschen die Liebe zu einem Lebenden auf den Toten übertragen und sich dessen Körper annehmen. „Das ist eine anthropologische Konstante“, sagt der Kulturwissenschaftler. „Wir kümmern uns um die Toten, waschen und kleiden sie.“ Sie würden noch einmal schön gemacht, um einen ehrenvollen Abschied zu ermöglichen.