Artikel teilen:

Kritik an CDU-Forderung nach Arbeitspflicht bei Bürgergeld-Bezug

Die CDU verlangt – vor allem wegen der gestiegenen Kosten – einen “Systemwechsel” beim Bürgergeld und eine Arbeitspflicht für Bezieher der Sozialleistung. Dies aber stößt auf Skepsis in der Wirtschaft.

“Wir wollen das Bürgergeld in dieser Form wieder abschaffen”, sagte Generalsekretär Carsten Linnemann der “Süddeutschen Zeitung” (Dienstag). Es gebe in Deutschland aus guten Gründen keinen Arbeitszwang: “Wer nicht arbeiten will, muss das nicht tun – er kann dann aber auch nicht erwarten, dass die Allgemeinheit für seinen Lebensunterhalt aufkommt.” Denn der Sozialstaat müsse “für die wirklich Bedürftigen da sein, die nicht arbeiten können”.

Linnemann verlangte “mehr Anreize für die Jobaufnahme”. Künftig solle gelten, dass jeder, der arbeiten könne und Sozialleistungen beziehe, spätestens nach einem halben Jahr einen Job annehmen oder gemeinnützig arbeiten müsse. Das sei man “all denen schuldig, die jeden Tag arbeiten gehen und damit die Sozialleistungen des Staates für andere erst möglich machen”, fügte Linnemann hinzu.

Der Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), Michael Hüther, sagte der “Bild”-Zeitung (Dienstag) zu Linnemanns Vorstoß: “Eine Jobpflicht für Bürgergeld-Bezieher ist in der Theorie richtig. Allerdings wird es bei der Umsetzung zahlreiche Probleme geben, unter anderem eine Verdrängung regulärer Jobs durch gemeinnützige Arbeit.”

Hüther schlägt stattdessen vor, die Aufnahme regulärer Vollzeitjobs über höhere Freibeträge attraktiver zu machen: Aktuell liege die Stundenlohn-Differenz beim Umstieg von einem geringfügigen Job auf einen Vollzeitjob bei knapp zwei Euro: “Das ist natürlich viel zu wenig. Außerdem muss die Vertrauenszeit von sechs Monaten wieder gekippt werden. Druck zur Jobaufnahme und Sanktionen sind nötig.”

Am Sonntag war bekannt geworden, dass Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) für die Sozialleistung in diesem Jahr 3,25 Milliarden Euro mehr aufwenden muss als bisher geplant. Davon entfallen rund 2,1 Milliarden Euro zusätzlich auf die monatlichen Bürgergeldzahlungen und 1,15 Milliarden Euro Mehrkosten auf Miet- und Heizkosten, die größtenteils vom Bund übernommen werden. Bisher hatte die Bundesregierung für das Bürgergeld in diesem Jahr 23,76 Milliarden Euro eingeplant, etwa fünf Prozent des gesamten Bundeshaushalts. Als Grund für die höheren Kosten werden vor allem Preissteigerungen bei Lebensmitteln und Energiekosten genannt.

Das Bürgergeld ersetzt seit Jahresbeginn die bisherige Grundsicherung für Arbeitssuchende im Arbeitslosengeld II und dem Sozialgeld (früher “Hartz IV”). Derzeit beziehen etwa 5,5 Millionen Menschen Bürgergeld, darunter etwa 1,7 Millionen Arbeitslose. Die Regelsätze sollen laut Ankündigung von Heil im Januar um zwölf Prozent steigen. Alleinstehende erhalten dann 563 Euro pro Monat statt bisher 502 Euro; der Regelsatz für Kinder und Jugendliche ist je nach Alter gestaffelt.