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Kreuz mit Brot, Kelch, Grab, Fisch und Taube

Eindrucksvolles Chorfenster der Altenvoerder Martin-Luther-Kirche in Ennepetal. Glaskunst von Elisabeth Altenrichter-Dicke

Im Kirchenjahr ist der Zeitraum von Gründonnerstag in der Osterwoche bis Pfingsten ein ganz besonderer Zeitabschnitt, für die Christenheit der wichtigste im liturgischen Jahreskreis. Eindrucksvoll wird er in dem großen Chorfenster der Altenvoerder Martin-Luther-Kirche in Ennepetal mit zahlreichen Bildern und Symbolen dargestellt. Geschaffen hat dieses Kunstwerk Elisabeth Altenrichter-Dicke (1929-2013).
Es war schon eine besondere Herausforderung für die Ennepetaler Künstlerin, die bis dahin schon zahlreiche Fenster in Kirchen und öffentlichen Gebäuden künstlerisch gestaltet hatte, den Wunsch der evangelischen Kirchengemeinde Voerde zu erfüllen, ein neues Chorfenster zu schaffen. Denn dabei ging es um ein Chorfenster in einer Größenordnung von vier Metern Breite und fünf Metern Höhe Dabei profitierte die Kirchengemeinde davon, dass in jener Zeit Architekten und Künstler wieder farbenprächtige Chorfenster mit neuen Materialien in ihre Projekte einbezogen.
Altenrichter-Dicke schlug vor, ein Fenster zu gestalten, das die Osterzeit mit ihren besonderen Feiertagen von Gründonnerstag über Karfreitag und Ostern bis hin zu Pfingsten in Bildern und Symbolen darstellt. So entstand 1962 ein wunderbares Kunstwerk mit leuchtenden Farben in mannigfaltigen Blau-, Rot-, Gelb- und Brauntönen, in Lila, Violett und Grau. Es wird durch ein mächtiges asymmetrisch gestaltetes Kreuz sowie durch diagonale und vertikale schwarze Streben in unregelmäßigen Zonen und Feldern gegliedert.
Die Fenstergeschichte beginnt mit dem Gründonnerstag, der Einsetzung des Abendmahls durch Jesus Christus. Das Sakrament ist in einer goldgelben Fläche mit einem braunen Brotlaib sowie auch auf gelber Fläche mit einem blauen Kelch in der Mitte des Fensters dargestellt. Das Symbol des Karfreitags, dem Kreuzestod, ist das dominierende asymmetrische Kreuz. Hier hat die Künstlerin in kräftigem Violett, der Farbe des Todes, und einem leuchtenden Rot, Symbol des Blutes des Heilands der Welt, eine Mischung gefunden, welche die ganze Aufmerksamkeit des Betrachters auf sich zieht.
Dagegen hat die Künstlerin die Tumba (ein Hochgrab ohne Inhalt), das leere Grab (Christus ist auferstanden) am rechten Fensterrand unterhalb des Kelches schlicht mit braunem und grauem Glas wiedergegeben. Und schließlich – die Pfingstzeit 50 Tage nach Ostern aufgreifend – ist klar erkennbar auf der rechten Seite oben über der Querstrebe des asymmetrischen Kreuzes die gelbe, herabschwebende Taube des Heiligen Geistes dargestellt. So schließt sich der Osterfestkreis von Gründonnerstag bis Pfingsten.
In der rechten Hälfte des Chorfensters unten ist zudem mit dem Symbol des Fisches eines der ältesten Symbole für Jesus Christus und zugleich Erkennungszeichen der ersten Christen dargestellt. Im Bildfenster der Martin-Luther-Kirche in rotem Glas ausgeführt, schwimmt  er auf einer großen sinnbildlich in Blautönen dargestellten Welle.
Biblischer Hintergrund für das  Fisch-Symbol ist das überlieferte Wort Jesu an Petrus und Andreas: „Kommet her, folgt mir nach. Ich werde euch zu Menschenfischern machen.“ So verstanden sind Christen Menschen, die wie Fische im Wasser (der Taufe) schwimmen. Es ist die weitere Botschaft, die das Altenvoerder Bildfenster in seiner Klarheit, Schönheit und Ausgewogenheit im Fisch-Symbol aussendet.
Das farbintensive Chorfenster besteht aus dickwandigem sogenannten Betonglas, wie es bevorzugt in Sakralbauten in den 1950er und 1960er Jahren zum Einsatz kam. Dabei handelt es sich um eine spezielle Glassorte in unterschiedlichen Glasstärken von fünf bis zwölf Millimetern. Insgesamt sind in dem Bildfenster der Martin-Luther-Kirche, das inzwischen 56 Jahre alt ist,  578 Betongläser in unterschiedlichen Größen, Formen und Farben verarbeitet.
Schädliche Einflüsse aus der Umwelt auf das Material sind bisher nicht festzustellen. Die Kirchengemeinde würde sich freuen, wenn das auch mit Blick auf die in zehn Jahren anstehende große Jubiläumsfeier so bliebe. Denn im Jahr 2028 besteht das Altenvoerder Gotteshaus 100 Jahre.