Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) wirft US-Vizepräsident J.D. Vance vor, das christliche Gebot der Nächstenliebe ins Gegenteil zu verkehren. Der Katholik Vance hatte die Migrationspolitik Trumps damit gerechtfertigt, dass es christlich sei, zuerst die eigene Familie zu lieben und erst dann Nachbarn, Mitbürger und danach den Rest der Welt.
“Wer so argumentiert, zieht in die Politik einen familialen Gedanken ein, der da aber nicht hingehört”, sagte Kretschmann beim Evangelischen Kirchentag in Hannover. Denn in der Politik gehe es nicht nur um die Zugehörigkeit zur Verwandtschaft, sondern um das Zusammensein der Verschiedenen.
Christen müssen bei Populisten dagegenhalten
“Der Familiengedanke in der Politik zerstört die Idee der Vielfalt”, so Kretschmann. Dies habe die Philosophin Hannah Arendt als “Perversion des Politischen” bezeichnet. Genau das aber machten die Populisten: Sie wollten nicht das Verschiedensein der Menschen zum Wohle aller organisieren, sondern zugunsten der Eigenen die Anderen ausgrenzen.
Laut Kretschmann unterscheiden Populisten bei der sozialen Frage nicht zwischen oben und unten, sondern zwischen drinnen und draußen – also zwischen denen, die dazugehören, und denen, die nicht dazugehören. “Sie versprechen, Wohlstandssorgen dadurch zu lösen, dass sie andere ausschließen. Zum Beispiel Migranten, die angeblich nicht dazugehören.”
“Hier sind wir als Christen aufgefordert dagegenzuhalten”, sagte der Politiker. “Soziale Gerechtigkeit, Teilhabe, Sicherheit dürfen sich nicht auf einige wenige beschränken.” Da dürfe es in unserer Gesellschaft “kein drinnen und draußen” geben. “Sonst gibt es keinen Zusammenhalt.”