Eine Mehrheit der gesetzlich Versicherten, die die Notaufnahme in einem Krankenhaus aufsuchen, wird nach einer repräsentativen Umfrage des Spitzenverbandes der gesetzlichen Krankenkassen (GKV) lediglich ambulant behandelt. Diese Menschen hätten auch in einer Bereitschaftspraxis versorgt werden können, heißt es in der Umfrage, die dem „RedaktionsNetzwerk Deutschland“ (Sonntag) vorliegt. Die Deutsche Stiftung Patientenschutz in Dortmund kritisierte in diesem Zusammenhang Kürzungen im Bereich kassenärztlicher Bereitschaftsdienste und ambulanter Notfallpraxen.
Von den Befragten, die innerhalb von zwölf Monaten in die Notaufnahme gegangen waren, wurden 60 Prozent ambulant behandelt und 40 Prozent stationär aufgenommen. 28 Prozent derjenigen, die eine Notaufnahme aufsuchten, waren sich nach eigenen Angaben bewusst, dass sie auch in einer Arztpraxis hätten behandelt werden können. 60 Prozent hielten dagegen den Gang ins Krankenhaus für notwendig. Zwölf Prozent gaben an, es nicht gewusst zu haben. Befragt wurden den Angaben zufolge rund 3.500 Versicherte im Alter von 18 bis 80 Jahren im Zeitraum von März bis April 2024.
Für diejenigen, die wider besseres Wissen ins Krankenhaus gegangen sind, spiele offenbar das Problem die entscheidende Rolle, dass sie bei niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten keinen zeitnahen Termin bekommen hätten, hieß es. Das mache die Antwort dieser Patienten auf die Frage deutlich, ob die Versicherten auf den Gang ins Krankenhaus verzichtet hätten, wenn sie über die Terminservicestellen innerhalb von 48 Stunden einen Termin erhalten hätten: Das bejahten 58 Prozent von ihnen.
„Wenn Versicherte nur deshalb die Notaufnahme im Krankenhaus aufsuchen, weil sie keine Sprechstundentermine in einer ärztlichen Praxis erhalten, dann läuft etwas gewaltig schief“, sagte GKV-Vorstandsvize Stefanie Stoff-Ahnis. Hilfesuchende müssten rund um die Uhr schnell und gezielt dahin geleitet werden, wo sie passend medizinisch versorgt werden. Stoff-Ahnis forderte, die nächste Bundesregierung müsse eine Notfallreform umsetzen.
Der Vorstand der Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, kritisierte, dass immer mehr kassenärztliche Bereitschaftsdienste und ambulante Notfallpraxen zusammengestrichen würden. Auch die Erreichbarkeit der niedergelassenen Ärzte sei unbefriedigend, sagte er dem Evangelischen Pressedienst (epd). „Das ist der Grund, warum Krankenhäuser mit ihren Notaufnahmen überlastet sind.“
Die Krankenhausreform von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) biete hier keine Lösung, da weder die Praxis- noch die Notfallreform kommen würden. „Aber auch die Bundesländer lassen die Hilfesuchenden allein“, kritisierte Brysch. „Obwohl sie die Aufsicht über die Kassenärztlichen Vereinigungen haben, schauen sie beim Sicherstellungsauftrag und der Präsenzpflicht der Vertragsärzte weg.“