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Krankenhausgesellschaft beklagt wachsende Gewalt in Kliniken

Überwachungskameras in Krankenhäusern? Ein heikles Thema. Laut Gerald Gaß wappnen sich viele Kliniken gegen Übergriffe und Gewaltandrohungen. Der Chef der Deutschen Krankenhausgesellschaft verweist zugleich auf Grenzen.

In deutschen Krankenhäusern gibt es zunehmend Übergriffe und Gewaltandrohungen gegen Ärzte und Pflegepersonal. Die Krankenhäuser sicherten sich immer häufiger durch Sicherheitsdienste, bauliche Sicherheitsvorrichtungen, Besetzung von Schichtdiensten mit kräftigen Pflegern oder Deeskalations- und Selbstverteidigungskurse ab, sagte der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Krankenhausgesellschaft, Gerald Gaß, am Mittwoch im Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Auch Video-Überwachung sei ein Thema. Dass an einem Krankenhaus möglicherweise Bodycams beim Personal eingesetzt werden, werde aber bislang nur am Klinikum Dortmund überlegt.

“Ganz offensichtlich ist die Hemmschwelle für Gewalttaten gesunken”, sagte Gaß. Erschreckend sei, dass es zunehmend diejenigen treffe, deren ganze Tätigkeit eigentlich darauf ausgerichtet sei, anderen zu helfen, seien es Feuerwehrleute, Rettungssanitäter oder eben Ärzte und Pflegekräfte. Die meisten Vorfälle gebe es in den Notaufnahmen der Krankenhäuser, so der Chef des Krankenhausverbandes. “Wegbrechende niedergelassene Versorgung und fehlende Patientensteuerung sorgen dort für teilweise extrem lange Wartezeiten.” Das führe zu Frust und Aggression, vor allem bei denen, die nicht verstünden, dass in der Notaufnahme nicht der als erstes behandelt werde, der zuerst gekommen sei.

Mit Blick auf den Einsatz von Kameras sagte Gaß, grundsätzlich nähmen Videoüberwachungen in allgemeinen Aufenthaltsbereichen eines Krankenhauses zu. “In Behandlungsbereichen gibt es üblicherweise keine Videoüberwachungsanlagen.” Falls es zum Einsatz von Bodycams käme, würde gerade im medizinischen Bereich der Datenschutz eine herausragende Rolle spielen. “Wir gehen davon aus, dass für Bodycams ähnliche Regeln wie für Videoüberwachung gelten. Das heißt, Aufnahmen müssen umgehend gelöscht werden, wenn sie nicht zur Beweissicherung und Aufklärung von Straftaten geeignet sind. Patientinnen und Patienten müssen sich also nicht darum sorgen, dass ihre Untersuchungen künftig gefilmt werden.”

Laut Gaß gibt es keine bundesweite Erhebung über Gewalt in Gesundheitseinrichtungen. Umfragen des Deutschen Krankenhaus-Instituts aus 2023 und 2024 hätten ergeben, dass drei von vier Krankenhäusern steigende Zahlen von Übergriffen verzeichneten. “In 91 Prozent der Krankenhäuser gab es bereits Übergriffe in den Notaufnahmen, weit überwiegend ist der Pflegedienst betroffen.” Hinzu komme, dass wahrscheinlich viele minderschwere Fälle, vor allem verbale Gewalt, gar nicht angezeigt würden.

Vergangene Woche hatte der WDR über Pläne im Klinikum Dortmund berichtet, das Personal in den Notaufnahmen testweise mit Bodycams auszurüsten. Ähnlich wie bei Polizei und Ordnungsbehörden verspreche man sich davon eine vorbeugende und deeskalierende Wirkung in Konfliktsituationen. Auf KNA-Anfrage teilte das Klinikum, das als größtes kommunales Krankenhaus in NRW gilt, mit, man stehe “noch ganz am Anfang eines Prozesses, bei dem noch viele Fragen offen sind”.

Die Kameras sollten vor allem im Empfangsbereich der Notaufnahmen zum Einsatz kommen. “Eingeschaltet werden die Kameras ausschließlich in eskalierenden und nicht in vertraulichen Situationen oder während einer medizinischen Behandlung”, versicherte Verbandschef Gaß. “Das Aufzeichnen muss in jedem Fall deutlich angezeigt werden. Am Ende entscheidet jeder Mitarbeitende selbst, ob und wann er die Bodycam nutzt und wann er sie einschaltet.”